Freitag, 16. Juni 2023
VADIAN.NET, St.Gallen



Nachrichten.ch

Aktuell

Forum


Inland

EKF mahnt: Strukturelle Diskriminierung im Bildungssystem beseitigen

Schweizer sind wieder spitze bei der Arbeit

Swisscom bleibt Internet-Grundversorger

Die Umnutzung von Erst- in Zweitwohnungen steigt an

Wirtschaft

Fallstudien: Wie Treuhänder Unternehmen durch finanzielle Krisen navigieren

Incentives und Teambuilding: Die Auswirkungen auf die Arbeitsmoral und das Arbeitsklima

Die Zukunft des Online-Marketings: Herausforderungen und Chancen für Experten in Agenturen

Lehrbeginn 2023: Gut zwei Drittel der Lehrstellen besetzt

Ausland

Möglicherweise tödliche Folgen: KI-Militärdrohne der USA könnte ihren Benutzer angreifen

Meta muss 1,2 Mrd. Euro Strafe zahlen

Tesla baut neue Mega-Factory in Shanghai

So sieht die Klimabilanz der Staatschefs beim G20 Gipfel wirklich aus

Sport

Der emotionale Aufstieg: Wie Fans die Siege ihres Teams hautnah erleben

Fit für den Pistenstart: Ein 6-Wochen-Fitnessprogramm für Skifahrende

Sportlernahrung mal anders: Warum Kartoffelgratin ein ideales post-workout Meal sein kann

Entdecke die Kraft der Faszien: Ein Leitfaden zum Faszientraining

Kultur

Lisa Tetzner und Kurt Kläber: Rote Zora und Schwarze Brüder

Henriette Grindat / Albert Camus / René Char - La Postérité du soleil

«Paul's Boutique» - ein Sehnsuchtsort der Beastie Boys

Zerschmetterte Kurt Cobain Gitarre für 600.000 Dollar versteigert

Kommunikation

SMS in der Beauty-Branche

SMS in Fitnesscentern: Ein effektives Mittel für Kundenkontakt und -bindung

SaliDocTeam: Medizinische Telefondienste und Online-Terminbuchungen

Google will inaktive Konten löschen

Boulevard

Regionale Schweizer Gemüse, die Ihren Sommergerichten einen Kick geben

Die Rückkehr des Retro-Chic: Die angesagtesten Vintage-Prints, die heute wieder im Trend liegen

Design trifft Funktionalität: Wie man Sonnensegel ästhetisch ansprechend gestaltet

Der ultimative Leitfaden zur Entspannung für die moderne, stilbewusste Frau

Wissen

Erstmals Strom aus dem Weltall zur Erde übertragen

Eine Voliere für Drohnenforschung

Zukünftige Physiklaboranten räumen bei «Schweizer Jugend forscht» ab

Von Bauernweisheit bis zum Wissenschaftstrend: Alte Nutzpflanzen im Fokus der Forschung

Wetter


Kolumne


Internes

Impressum


Werbung


Publireportagen


Newsfeed


Die veröffentlichten Inhalte sind ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch bestimmt. Die Vervielfältigung, Publikation oder Speicherung in Datenbanken, jegliche kommerzielle Nutzung sowie die Weitergabe an Dritte sind nicht gestattet.

Nachrichten.ch (c) Copyright 2023 by news.ch / VADIAN.NET AG

Kolumne


Die Moral, die Wirtschaft und der Strich

Patrik Etschmayer / Dienstag, 19. November 2013

Ein Vorschlag geht um in Europa: Verbietet die Prostitution und die Welt wird eine bessere werden. Freier werden zu Hause bleiben, Mädchenhändler werden in sich gehen und reue üben. Und rosa Einhörner werden herumfliegen und das Antlitz von Alice Schwarzer in den Himmel furzen. Prostitution - vor allem die dunklen Seiten von ihr - zu verharmlosen ist mehr als nur dumm. Menschenhändler, die junge Frauen aus bitterarmen Ländern mit Lügen nach Europa locken und hier regelrecht versklaven zu verharmlosen und als Botschafter des freien Marktes zu bagatellisieren ist unterirdisch. Das Elend, das teilweise herrsche, einfach weg reden zu wollen, auch.

Doch den Schilderungen einer Alice Schwarzer in ihrem neuesten Buch, in dem sie lautstark das Verbot der Prostitution fordert, stehen Proteste von Sex-Arbeiterinnen gegenüber, die sich dagegen wehren, dass ihnen ihr Beruf, den sie selber gewählt hätten, von Leuten verboten wird, die ihre Argumentationen auf den schlimmsten Auswüchsen dieses Gewerbes aufbauen, ohne mit allen Betroffenen zu reden. Mithin eben auch jenen Sex-ArbeiterInnen, die selbstbestimmt diesem Gewerbe nachgehen. Und dass diese von Sozialarbeiterinnen und Streetworkerinnen bei dem Widerspruch unterstützt werden, sollte jeden nachdenklich stimmen.

Die Gegensätze der Schilderungen könnten nicht grösser sein - hier der moderne Sklavenhandel mit verschleppten Mädchen aus dem Ostblock, dort die selbständige Dienstleisterin, welche ihren Körper anbietet, ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht beansprucht, um damit ihr Leben zu finanzieren. Treffen die Fronten dieses Streites zusammen, kommt es zu hässlichen Szenen, wie bei einer kürzlichen Lesung in Berlin, wo Alice Schwarzer scheinbar die Deutungshoheit über das Leben der protestierenden Sex-Arbeiterinnen beanspruchte und diesen den Mund verbieten wollte. Denn, eine Frau, die selbstbestimmt so einen Job macht, gibt es nicht - kann es nicht geben, oder?

Die Politiker, die auch in der Schweiz das Verbot fordern, kreuzen auf einer moralischen Flughöhe, die scheinbar einen gewissen Sauerstoffmangel mit sich bringt und lassen sich auch nicht auf Diskussionen mit den Betroffenen ein. Es ist nicht vermessen, zu behaupten, dass es hier nicht um Menschen, sondern um eine Idee geht. Um die Idee einer reinen Welt, einer Welt ohne die unappetitlichen Seiten des Menschen, einer Welt, in der Triebe und Einsamkeit, Verirrungen und Verwirrungen der Lust einfach so verboten und bestimmt werden können und ein Gesetz ein Problem lösen, ein Bedürfniss aus der Welt schaffen kann.

Dieser Ansatz erinnert an das klassische Titanic-Poster, auf dem an einem serbelndem Baum im Wald das Schild «Waldsterben verboten» angebracht war. Oder an die Prohibition des Alkohols in den USA der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Dieses Verbot hat keinen einzigen Alkoholtoten vermieden. Dafür half es, das organisierte Verbrechen zu etablieren und nachhaltig zu finanzieren. Die Mafia in der USA schaffte es vor allem dank des Alkoholverbotes, sich eine finanzielle Stärke anzueignen, die sie noch Jahrzehntelang zur bestimmenden Macht der kriminellen Landschaft der USA werden liess.

Ein weiterer Kampf des Staates, jener gegen illegale Drogen, hat unterdessen ein ganzes Land fast ruiniert: Mexiko ist zu einem hart umkämpften Förderband für Drogen - von Gras bis Kokain - in die USA verkommen. Nicht nur sich konkurrierende Drogenhändler sterben im Kreuzfeuer, sondern auch Lehrer, Journalisten, Mütter, Polizisten und wer auch immer den Kartellen nur im geringsten unangenehm auffällt und im Verdacht steht, diesen im Weg zu sein.

Es lohnt sich hier, kurz den humanitären Blick aus- und die Marktlogik einzuschalten. Mit den prohibitiven Gesetzen und Verboten schafft der Staat einen Markt, der nur durch das Verbot und die Skrupellosigkeit der Marktteilnehmer reguliert ist. Die Schmiergelder, das Blutgeld der Mörder und die Verluste durch Erfolge der Drogenfahndung sind alle im Strassenpreis der Drogen einkalkuliert. Dies und etwa 1000% Marge. Wenn es etwas gibt, dem viele Menschen noch mehr erliegen als sexueller Lust und der Sehnsucht nach dem Rausch, dann wohl der Gier.

Ein Verbot der Prostitution würde genau diese Gier fördern. Die Illegalität würde zwar das Risiko für die Beteiligten erhöhen, aber auch den Preis und die Gewinnspanne. Wobei der Preis womöglich nicht mal steigen würde. Wohl aber das Geld, das die Frauen, die nun auch selbst alle illegal tätig wären, für ihre Dienste bekämen.

Ein Verbot würde das eigentliche Problem Menschenhandel und Zwangsprostitution nicht lösen, sondern verschärfen. Vor allem, weil - wie eben in Zürich zu sehen war - die Exekutive nicht vor den Versuchungen des Gewerbes gefeit ist. Schon jetzt ist die Heuchelei der Gesellschaft in dieser Hinsicht haushoch. «Sexboxen» sind hier nur ein Stichwort. Das totale Verbot würde garantiert wieder zu Auswüchsen führen: Mehr Geschlechtskrankheiten, mehr Mädchenhandel, mehr Korruption, mehr Elend - wir hatten dies alles schon unter rigideren Bestimmungen in der Schweiz. Und das, was immer als erstes angeführt wird, als Grund für das Verbot, ist ohnehin illegal: Menschenhandel und Zwangsarbeit.

Wenn hier die Gesellschaft so fleissig wegschaut und es halbwegs toleriert, dass diese Praktiken hier stattfinden und rührend wenig macht, um den Opfern zu helfen, so wirft das vor allem ein schiefes Licht auf eine Gesellschaft, die einfach nicht daran erinnert werden will, dass es so etwas in ihrer Mitte gibt und an einer Differenzierung kein Interesse hat. Im immer als Beispiel angeführten Schweden steht eigentlich nur fest, dass die offene Strassenprostitution praktisch nicht mehr existiert - was als Folge des Verbotes ja auch irgendwie klar ist. Doch was via Internet, Handy-Kontakte und geheime Netzwerke organisiert in anonymen Vorstadtwohnungen stattfindet, ist praktisch nicht bekannt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Und genau so will man es ja, wenn es mal verboten ist.

So geht es den meisten Befürworten ja nur darum, dieses unappetitliche Thema aus ihrem Sichtfeld zu haben. Keine Diskussion um Sexboxen und Freierverkehr mehr, keine rot beleuchteten Fenster in der Nachbarschaft. «Sollen sie die doch im Keller anketten, solange ich die nicht anschauen muss», scheint so mancher Moralist zu denken.

In der ganzen Thematik hingegen wird kaum ein Wort darüber verloren, in Europa eine grenzübergreifende Taskforce gegen Menschenhandel und Menschenhändler zu organisieren, gegen jene, die alles - von Mädchen bis Landwirtschaftsarbeiter - illegal durch Europa schleusen und an jene verhökern, die den niedrigen, aber lohnenden Preis zu zahlen bereit sind.

Doch das würde aus dem «moralischen» ein wirtschaftliches Problem machen, ein Problem, bei dem die Entmündigung des Menschen im Sinne einer Ökonomisierung desselben im Zentrum stehen würde, ein Problem, dass ausbeuterische Praktiken in Fabriken, auf Feldern und in Bordellen an vielen Orten Europas betrifft, ein Problem, das auf den Grundfesten unserer derzeitigen neoliberalen Marktordnung aufgebaut wurde. Und an der... nein, an der wollen wir lieber mal nicht nicht zweifeln.


 Kommentare 
Ihre Meinung interessiert uns. Machen Sie mit und diskutieren Sie aktiv mit anderen nachrichten.ch Lesern.
» Ihr Kommentar


nachrichten.ch 1

«Ausländer-Kredit» für Investitionen in der Heimat? Immer öfter - gerade auch vor den Ferien - wird das Beratungsteam von kredit.ch angefragt, ob auch in der Schweiz lebende Ausländer die Möglichkeit haben, einen günstigen, fairen Kredit zu erhalten. Fortsetzung




Archiv

Patrik Etschmayer
Gute alte Zeit? Warum die Türe zu bleiben muss!


Peter Achten / Peking
Modell für die ganze Welt?


Regula Stämpfli
Es ändert sich nichts


Patrik Etschmayer
GA-CH: Das Halb-Millionen-Franken Schnäppchen


Peter Achten / Peking
Die Grosse Unordnung


Regula Stämpfli
Markt für Flüchtlinge


Patrik Etschmayer
ROSS for Bundesrat?


Peter Achten
«Verantwortungsvoller Atomstaat»


Regula Stämpfli
Armeechefs ohne Demokratie


Patrik Etschmayer
Tipps zum sicheren Abheben


Peter Achten / Peking
Das Jianbing-Staatsgeheimnis


Regula Stämpfli
Abschied von der Konkordanzschweiz


Peter Achten / Peking
Golf mit proletarischem Schwung


Patrik Etschmayer
Die wahren Verfolgten


Regula Stämpfli
Konzernrecht bricht Verfassungsrecht


Patrik Etschmayer
Initiative für die bedingungslose Briefkastenfirma


Peter Achten / Hanoi
Pho von Frau Lam


Regula Stämpfli
Sozialsystem oder Bedingungslosigkeit


Patrik Etschmayer
Drápas für Diktatoren


Peter Achten / Peking
Krasser SwissTaste


Regula Stämpfli
Maurer-Papers: Volksvertreter? Bankensprecher!


Patrik Etschmayer
Regierung oder Waschmaschine?


Peter Achten / Peking
«Das sind keine Träume»


Regula Stämpfli
Bürokratische Monster


Patrik Etschmayer
Tun als ob ... oder einfach tun, ganz ohne 'ob'


Peter Achten / Peking
Eisenbahn der Superlative


Regula Stämpfli
Kontrollieren mich die Tatsachen?*


Patrik Etschmayer
Erdowie, Erdowo, Erdowan!


Peter Achten / Peking
«Rücksichtslos die Axt anlegen»


Regula Stämpfli
Kampf der Kulturen? Welche Kultur denn?


Patrik Etschmayer
Kurssprung der Angst-Aktien


Peter Achten / Peking
Kleines Geschäftchen in der Grossen Halle


Regula Stämpfli
Lobbys machen Lobbykritik


Patrik Etschmayer
Alternative für Drumpf!


Peter Achten / Peking
Realpolitik pur


Regula Stämpfli
Ideologischer Mehltau


Patrik Etschmayer
Gebrauchtwagenhändler als Präsident!


Peter Achten, Bejing
Probleme im Tiefwasser


Regula Stämpfli
Geldsorgen gefährden Ihre Gesundheit


Patrik Etschmayer
SVP lanciert Ende Jahr EAI (Eliten-Ausschaffungs-Initiative)


Peter Achten / Peking
«Wir sind absolut loyal!»



Saudi-Arabien: Franken hui -Flüchtlinge pfui


Patrik Etschmayer
Und alle zusammen: ChuchiCHexit!


Peter Achten / Peking
«Sehnsucht nach Fussball»


Regula Stämpfli
Frauenkörper und Politik


Patrik Etschmayer
Die 500-Euro Frage


Peter Achten
Neunerprobe für die «Lady»


Regula Stämpfli
Rassismus für Glaubwürdige


Patrik Etschmayer
Hassen in der Blase


Peter Achten / Peking
Affen-Kälte - Affen-Hitze


Regula Stämpfli
Schiessbefehl gegen Journalisten


Patrik Etschmayer
Die Quartals-Realität


Peter Achten
Politisch korrekt und stabil


Regula Stämpfli
Demokratie geht immer


Patrik Etschmayer
Reppy for President?


Peter Achten / Peking
«Sichere» Zigaretten?


Regula Stämpfli
Der Politologe schützt das Volk


Patrik Etschmayer
«Keine Präsenz ohne Honorar»


Peter Achten / Peking
Status Quo mit Distanz


Regula Stämpfli
Im Bett mit Varoufakis


Patrik Etschmayer
Wenn der Bösewicht kein «Joker» ist


Peter Achten / Peking
Regionaler Morast in Ostasien


Regula Stämpfli
Speichelpolizei Bern


Patrik Etschmayer
Wenn der Rand ins Zentrum schleicht


Peter Achten / Peking
Tief einatmen!


Regula Stämpfli
Die Vorteile von Menschen mit Menstruationshintergrund


Patrik Etschmayer
Rückblick auf das nächste Jahr: Teil 2


Peter Achten / Peking
Le Petit Prince à la chinoise


Regula Stämpfli
UBER-Lösung: Die Deklaration der Daten-Unabhängigkeit


Patrik Etschmayer
Rückblick auf das nächste Jahr: Teil 1


Peter Achten / Peking
Hong Kong: Pressefreiheit in Gefahr?


Regula Stämpfli
Die Zeichensprache des Bösen


Patrik Etschmayer
Wo die Wahrheit zum Sterben hin geht


Peter Achten / Peking
Roter Wahlabend in Peking


Regula Stämpfli
Gewählt ist: Hashtag


Patrik Etschmayer
Die faschistische Internationale auf dem Vormarsch


Peter Achten / Peking
Kohl und Kohle - Atemlos


Regula Stämpfli
Einmal Lüge, immer Lüge


Patrik Etschmayer
Sparen wir die Zukunft weg!


Peter Achten / Peking
Der rosarote Hunderter


Regula Stämpfli
Phänomenomics(TM): Viagra übernimmt Botox


Patrik Etschmayer
Mauern mit Donald


Peter Achten
Xi, Obama und das «Great Game»


Regula Stämpfli
Mörderische Ordnungsprinzipien


Patrik Etschmayer
Die Geier des Grauens


Regula Stämpfli
Die Gegenwart der Geschichte


Peter Achten
Dritter Anlauf zur Demokratie



Alles an seinen Platz


Peter Achten / Peking
Nach dem Holz- der Kohle-Ausstieg?


Regula Stämpfli
«Haha» sagt der Clown: Über Dämonen in der Politik


Patrik Etschmayer
Die Suche nach dem Homosexualitäts-Gen: Schwachsinn oder Notwendigkeit?


Peter Achten / Peking
«Es gibt keine Abkürzungen»


Regula Stämpfli
#Wurstgate&Biopolitik


Patrik Etschmayer
Weltuntergangsbeleuchtung oder Chance?


Peter Achten / Peking
Kai Dang Ku - Windelweich


Regula Stämpfli
Rechts«rutsch» dank Finanzkrise


Patrik Etschmayer
Blocher-Clan


Peter Achten / Peking
Grenzen der Armut


Regula Stämpfli
Marke Schweiz: Frauenverhöhnung


Patrik Etschmayer
Akrasia und die Krisen