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Nationalrat verwässert Potentatengelder-Gesetz

Bern - Der Nationalrat will Potentatengelder rascher einziehen und rückerstatten lassen. Gegen den Willen des Bundesrates höhlt er das neue Gesetz aber in einem entscheidenden Punkt aus. Der Bund müsste unter Umständen illegale Gelder an gestürzte Machthaber zurückgeben.

nir / Quelle: sda / Mittwoch, 10. Juni 2015 / 08:52 h

Nach dem Willen des Nationalrates soll die Schweiz unrechtmässig erworbene Vermögenswerte nur dann einziehen dürfen, wenn die Straftaten der Potentaten nicht verjährt sind. Die grosse Kammer entschied am Mittwoch mit 102 zu 87 Stimmen bei 1 Enthaltung, ihrer Rechtskommission zu folgen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, im Umgang mit Potentatengeldern von der Verjährung abzusehen.

«Ohne die Verjährung würde die Wirkung des Gesetzes völlig ausgehöhlt», warnte Rebecca Ruiz (SP/VD). Beat Flach (GLP/AG) befand, die Bestimmung öffne «Tür und Tor für juristische Winkelzüge» und sorge dafür, dass Verfahren abgebrochen werden müssten. Mehrere Redner verwiesen auf die langwierigen Verfahren gegen den philippinischen Ex-Diktator Marcos und den verstorbenen haitianischen Machthaber Duval.

Verjährung gehört zu rechtsstaatlichen Prinzipien

Die Ratsmehrheit argumentierte mit rechtsstaatlichen Prinzipien. Für Christa Markwalder (FDP/BE) geht es bei den Potentatengeldern um ein hochsensibles Thema - dem Schutz des Eigentums. Hierbei auf den Grundsatz der Verjährung zu verzichten, sei nicht redlich.

Bundesrat Didier Burkhalter sprach vom Kernstück des Gesetzes. Dieses erlaube dem Bundesrat, Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht zu erheben, um gesperrte Vermögenswerte einzuziehen. Betroffen seien davon nur die Gelder, aber nicht die Straftaten der Potentaten.



Diktatoren sollen nicht leicht an Potentgelder gelangen. /

Die Verjährung könne deshalb nicht angewandt werden.

Das neue Gesetz fasst im Wesentlichen die bestehenden gesetzlichen Grundlagen und die vom Bundesrat gestützt auf seine aussenpolitische Kompetenz angewendete Praxis in einem Erlass zusammen. In den letzten 15 Jahren konnte die Schweiz so rund 1,8 Milliarden Franken an die Herkunftsstaaten zurückerstatten.

Lange Zeit galt die Schweiz als sicherer Hafen für die gehorteten Millionen ausländischer Kleptokraten. Weil darunter der Ruf des Landes und der Banken litt, haben die Schweizer Behörden die Schraube in den letzten Jahren angezogen. Neue Aktualität erhielt das Thema durch den Arabischen Frühling 2011.

Bundesrat vermisst Kohärenz

Enger fassen will der Nationalrat das Gesetz bei der Definition von Personen, die ausländischen politisch exponierten Personen nahestehen. Dabei muss es sich um nahestehende beteiligte Personen handeln, die erkennbar dazu Hilfe leisteten, unrechtmässig erworbene Vermögensdelikte dieser Personen zu halten. Der Nationalrat entschied mit 133 zu 51 Stimmen bei 1 Enthaltung, von der Version des Bundesrates abzuweichen.

Mehrere Redner aus den Reihen der SP und Grünen erklärten, diese Formulierung laufe der international gängigen Definition entgegen, wie sie bereits im Gesetz gegen Geldwäscherei geregelt ist. «Wir brauchen in der Gesetzgebung eine gewisse Kohärenz», sagte auch Bundesrat Didier Burkhalter.

Informationsübermittlung umstritten

Umstritten war zudem die Frage, in welchem Mass und in welcher Form Informationen an den Herkunftsstaat übermittelt werden sollen. Die Lieferung von Bankdaten soll ausdrücklich verboten werden, wenn die staatlichen Strukturen im Herkunftsland versagen oder die Übermittlung eine Gefahr für das Leben der betroffenen Personen darstellt.

Damit schränkt der Nationalrat eine Neuerung des Gesetzesentwurfes des Bundesrates ein. Dieser hatte vorgeschlagen, dass der Bund Bankinformationen schon vor einem Rechtshilfegesuch an den Herkunftsstaat übermitteln darf. Aus seiner Sicht kann damit ein Verfahren beschleunigt werden oder unter Umständen erst ins Rollen kommen.

Chancenlos blieb mit 128 zu 60 Stimmen ein Antrag von links, die Informationen und zusätzlich Beweismittel auch an andere Staaten zu liefern. Die Ratsmehrheit stellte sich auf den Standpunkt, dadurch würde die Gesetzgebung im Bereich der Rechtshilfe grundsätzlich geändert.

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