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Lukas BärfussDer Schriftsteller Lukas Bärfuss hat mit einem Essay in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Feuilleton-Debatte ausgelöst, in deren Folge alles, was von links bis rechts schreiben kann, eine Diagnose zum Zustand des Patienten Schweiz abgegeben hat.Marco Ratschiller / Quelle: Nebelspalter / Donnerstag, 5. November 2015 / 11:12 h
Schalterdame: «Also einmal Briefpost 'Urgent document europe' nach Frankfurt? Das macht 56 Franken.»
Lenz: «Hier haben Sie einen Hunderter. Überweisen Sie den Rest der Glückskette. Für Syrien. Mitteilung: Der Gönner bin ig.» Schalterdame: «Vielen Dank. Ach, entschuldigen Sie...» Lenz: «Ja?» Schalterdame: «Ich sehe gerade, dass der Umschlag nicht zugeklebt ist. Wollen Sie denn nicht...?» Lenz: «Das muss so sein. Es handelt sich um einen offenen Brief.» Schalterdame: «Aha. Noch so einer.» Lenz: «Was meinen Sie damit?» Schalterdame: «Das geht hier schon die ganze Woche so. Sie sind wohl vermutlich auch so ein Intektueller?» Lenz: «Das heisst nicht Intektueller, sondern Intellektueller. /
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![]() Und es steht mir nicht zu, mir dieses Prädikat selbst auszustellen.» Ruf aus der Warteschlange: «Von mir kriegst du Prädikat Lenz nach hinten gewandt: «Sieh an, sieh an, Hauptsturm ... pardon, Hauptschriftleiter René Scheu! Gerade du willst dem Klugscheisser austeilen? Was willst du denn hier? Deinen Leistungsausweis verloren melden?» Schalterdame: «Die Herren kennen sich?» Lenz: «Ich befürchte, wir werden ihn erst noch richtig kennenlernen! Genau vor ihm und seiner unerbittlichen Rache habe ich meinen guten Freund Lüggu gewarnt!» Schalterdame: «Lüggu?» Scheu: «Der politisch unbescholtene Pedro Lenz redet von Lukas Bärfuss.» Schalterdame: «Lukas wer?» Lenz: «Bärfuss. Der berühmte Schriftsteller. Der feinsinnige Diagnostiker, durch den sich die Kulturszene endlich wieder in die öffentliche Debatte einmischt - in der grossen Tradition von Frisch und Dürrenmatt.» Schalterdame: «Kenn ich nicht. War das vielleicht der Herr, der hier Anfang Woche als Erster mit einem dringenden Brief nach Frankfurt aufgetaucht ist?» Scheu: «Wenn er sauertöpfisch und moralintriefend dreinblickte: Ja, das war der.» Stimme von zuhinterst in der Schlange: «Geht das da vorne eigentlich noch lange? Ich hab hier auch noch einen offenen Brief, der unbedingt bis morgen im deutschen Feuilleton sein muss.» Schalterdame nach hinten: «Ach, Herr Köppel, kommen Sie einfach an den anderen vorbei nach vorne. Das kennen Sie ja von der SVP-Kandidatenliste her.» Weitere Stimme aus der Reihe: «Es ist einfach beelendend, dass dieser üble Weltwoche-Giftzwerg auch immer noch im Ausland eine Plattform kriegt, um das Bild des hässlichen Schweizer Gnomen zu zementieren. Reicht denn der eigene Stürmer nicht?» Scheu nach hinten: «Aha, Investigativ-Journalist Christoph Moser steht auch in der Schlange. Gibts von dir auch noch ein humorfrei-empörtes Textli?» Lautsprecher-Durchsage: «Geschätzte Kundinnen und Kunden, aufgrund des grossen Andrangs sind ab sofort mehrere Schalter ausschliesslich für die Entgegennahme von offenen Briefen in Betrieb. Der Schalter ganz links für Bärfuss-Anhänger, ganz rechts für Bärfuss-Basher.» Schalterdame: «Kann mir nicht jemand mal erklären, worum es hier überhaupt geht?» Lenz: «Also, der Lüggu...» Schalterdame: «...das ist der grosse Schriftsteller von vorhin?» Lenz schnaubend: «Ja und nochmals ja! Der Lüggu hat mutig in einer deutschen Zeitung gegen rechts angeschrieben.» Abermals eine weitere Stimme aus der rechten Kolonne: «Ach ja? Wenn ihr mich fragt, hat er eher mutig gegen die Rechtschreibung angeschrieben.» Moser: «Da schau her! Die Leichtgewichte vom Tages-Anzeiger stehen auch in der Schalterhalle. Versucht ihr immer noch den epochalen Text von Bärfuss anhand eines Dudens zu verstehen?» Köppel: «Wo moralischer Dünkel die Hohlräume des Denkens füllt, ist Orthografie noch das kleinste Problem!» Schalterdame: «Warum ist denn der Bärfuss-Essay so herausragend?» Stimme ganz links aus der linken Reihe: «Weil er funktioniert wie ein Rorschachtest: Sag mir, was du daraus herausliest, und ich sage dir, wer du bist.» Schalterdame: «Und wer bist jetzt du?» Stimme: «Florian Keller, WOZ-Redaktor.» Scheu: «Und damit auch eher ein Psychose-Patient als ein Psychiater...» Lautsprecher-Durchsage: «Geschätzte Kundinnen und Kunden, profitieren Sie jetzt von unserer Aktion im PostShop: 250 Blatt extra kleinkariertes Briefpapier in den Trendfarben rouge progressive und brune traditionelle.» Köppel: «Ich denke, Bärfuss hat seinen Wahnsinns-Text wohl eher auf rose naive oder noir sinistre geschrieben.» Keller: «Wenn einem die Argumente ausgehen, verlegen sich so scheiss Nazis wie du immer auf Diffamierung.» Schalterdame: «Ich glaube, ich sehe langsam, warum die Schweiz euch allen extrem dankbar sein kann für diese Debatte.» Lenz: «Wirklich? Sag schon! Ich werds auch gleich dem Lüggu weitererzählen!» Schalterdame: «So wie ihr selbsternannten Vordenker aneinander vorbeiredet, ist das Volk die kommenden vier Jahre wieder zufrieden mit seinen gewählten Politikern.»
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Radiolino - Grosses Radio für kleine Ohren Radiolino ist das erste deutschsprachige Web-Radio der Schweiz für Kinder zwischen 3 und 12 Jahren. Das Programm richtet sich aber auch an Eltern, Grosseltern, Onkeln und Tanten, sprich an die ganze Familie.
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