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Good News, Bad News und Laos

Erdbeben, Tsunami, beschädigte Atomkraftwerke – das lieferte und liefert noch immer die Schlagzeilen. Dazu kam Libyen. Wer in der Weltpresse blättert, kommt nicht darum herum.

Peter Achten / Quelle: news.ch / Mittwoch, 23. März 2011 / 08:27 h

Die Frontseiten der gedruckten genauso gut wie die digitalen Internet-Websites kennen seit Tagen, ja Wochen, nur diese Aufmacher, und die Produzenten von Radio sowie insbesondere Fernsehen können gar nicht genug davon bekommen. Live, versteht sich. Gewiss, Japan und Libyen sind durchaus zurecht in den Schlagzeilen, sind doch Menschen überall betroffen und höchst besorgt. Andrerseits bestätigt der Lauf der Dinge, so wie sie medial verbreitet werden, durchaus auch ein altes, zynisches Dictum von Nachrichten-Journalisten. Nämlich: nur schlechte Nachrichten sind – für die Medien – gute Nachrichten. Es ist so, ganz einfach deshalb, weil Tragödien, Katastrophen, Unglücksfälle und Verbrechen sowie Tratsch und Klatsch schon immer die Menschen weit mehr interessiert haben, als die sogenannt «guten» Nachricht. Der Zufall will es, dass ich während der sich täglich verschlimmernden Tragödien in Japan und Libyen Laos bereise. Dort sind in der veröffentlichten Meinung zwar Japan und Libyen auch Themen. Am Rande jedenfalls. Die grossen Schlagzeilen in diesem armen südostasiatischen Land lieferte ein nur alle fünf Jahre stattfindendes innenpolitisches Ereignis, der Parteitag nämlich der kommunistischen «Laotischen Revolutionären Volkspartei». Laos ist seit dem Ende des Vietnamkrieges – den die Vietnamesen, Laoten, Kambodschaner den Amerikanischen Krieg nennen – kommunistisch regiert. Ähnlich wie China 1978 und später Vietnam 1986 hat sich auch Laos für Reformen entschieden, also Öffnung nach Aussen, Investitionen aus dem Ausland, Ausbau der Infrastruktur, private Unternehmer undsoweiter undsofort. Ziel: Verbesserung des Lebensstandards fuer die Bevölkerung. Die Wachstumsraten lassen sich sehen. Es waren von Beginn der Reform 1988 bis 2010 satte 6,5 Prozentpunkte. Pro Jahr. Allerdings leben trotz dieser Fortschritte noch immer 80 Prozent der 6,5 Millionen Einwohner von der Landwirtschaft, auf Subsistenz-Niveau notabene. Dass jetzt der Parteitag in der Hauptstadt Vientiane versucht, mit neuen Wirtschaftsplänen – im KP-Lingo der «7.



Choummaly Sayasoe - auf einem Plakat in der alten Königsstadt Luangh Prabang /

sozio-ökonomische Entwicklungsplan» – Laos endgültig aus der Armut zu heben, interessiert angesichts der internationalen Lage wohl kaum jemand in den entwickelten Industrienationen. Und doch, Laos gehört nach UNO-Statistik zu jener Länder-Gruppe, welche als die «am wenigsten entwickelten» bezeichnet werden. Von dieser Liste von heute zehn Nationen will Laos, wenn es nach dem Willen des Parteitags geht, spätestens im Jahre 2020 gestrichen werden. Das wird schwierig, doch die Chancen stehen nach Ansicht der Asiatischen Entwicklungsbank ADB nicht schlecht. Laos ist mit einem Durchschnittsalter von 21 Jahren noch sehr jung (Schweiz: 41 J.), hat eine mittlere Lebenserwartung von 62 Jahren (Schweiz: 80 J.), ist sechs mal grösser als die Schweiz, bergig und nur spärlich besiedelt, und noch rund 30 Prozent der Bevölkerung leben in absoluter Armut nach UNO-Definition (1,25$ pro Kopf pro Tag) . Aussenpolitisch will die KP-Führung mit der ganzen Welt, besonders aber mit den wirtschaftsmächtigen Nachbarn Thailand und China sowie den traditionellen Freunden in Vietnam «gut befreundet» sein. Die alte Kolonialmacht Frankreich spielt im Rahmen der von Paris mit ideologischem Nachdruck und Euros geförderten Francophonie eine besondere Rolle. Die Binnennation will Frieden, nichts als Frieden. Während des Vietnamkrieges litt Laos von Mitte der 50er Jahre – dem Rückzug der französischen Kolonialherren – bis Mitte der 70er Jahre – dem Sieg Ho-Chi-Minhs und des Vietcongs in Vietnam und der Pathet Lao in Laos – unsägliche Qualen. Weil der Nachschub Nordvietnams zu den Vietcongs auf dem berühmten Ho-Chi-Minh-Pfad auch durch Laos erfolgte, bombardierte die amerikanische Luftwaffe Laos in die Steinzeit zurück. Noch heute sind Bauern und ihre Kinder Opfer von Bomben, die Jahrzehnte nach dem Abwurf explodieren. Agent Orange – Dioxin – machte ganze Landstriche unfruchtbar. Die USA, sonst als Verfechter der Menschenrechte immer schnell zur Hand, haben sich nie entschuldigt oder gar Entschädigungen gezahlt. Die 576 Delegierten, die genau 191'700 Parteimitglieder vertreten, haben am Parteikongress in Vientiane alles wie geplant verabschiedet. Auch der Parteichef, ehemaliger General und konservative Reformer aus der Südprovinz Attopeu wurde wiedergewählt. Er heisst Choummaly Sayasone, ein Name, den Sie – Liebe Leserin, kluger Leser – in Ihrem Leibblatt wohl kaum wiederfinden werden. Im Falle von Laos gilt der zynische Journalisten-Spruch «Bad News is Good News» für einmal wohl nicht. Denn merke: No News is Good News. Im Falle von Laos.

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