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Weltmeister ohne Fahrt am Limit

Patrick Küng verspürt nach seinem Titelgewinn in der WM-Abfahrt doppelte Genugtuung. Zu Beginn des Winters war es ihm nicht wunschgemäss gelaufen, bei Grossanlässen war er oft nicht vom Glück begünstigt gewesen.

bert / Quelle: Si / Sonntag, 8. Februar 2015 / 00:15 h

Im Interview spricht der Glarner unter anderem über seine Fahrt zu Gold und seine Gedanken an die weniger erfolgreiche erste Phase des Weltcup-Winters, die er just in Beaver Creek vor zwei Monaten mit einem nur mit viel Mühe und Glück verhinderten Sturz in der Abfahrt und tags darauf mit dem Ausscheiden im Super-G eingeleitet hatte.

«Weltmeister Patrick Küng». Wie tönt das?

«Im Moment kommt es mir noch komisch vor. Aber es ist schon toll, an diesem Berg, auf einer der schwierigsten Abfahrts-Strecken überhaupt, den Titel zu holen. Die Piste hatte mir zuvor schon eine paarmal Spass gemacht. Es hat aber auch schon andere, weniger schöne Erlebnisse gegeben.»

Sie haben in der wichtigsten Abfahrt des Winters die perfekte Fahrt hingekriegt. Wie haben Sie das geschafft?

«Ich musste in keiner Sekunde gross ans Limit gehen. Das war heute sicher der Schlüssel zum Erfolg. Dazu hatte ich auch sehr schnelle Ski. Als ich über den Zielsprung flog, hatte ich bereits das Gefühl, dass dies eine sehr gute Fahrt war. Trotzdem durfte ich natürlich nicht erwarten, dass im Ziel die Farbe Grün aufleuchtet (für die Bestzeit, Red.).»

Haben Sie alles wegstecken können, was zuvor war in diesem Winter?

«Wegstecken - was heisst das? Mal geht es auf, mal nicht. Im Weltcup der Männer ist das Niveau so hoch, da entscheiden Kleinigkeiten. Für diesen Titel oder einen Medaillengewinn sind viele Fahrer in Frage gekommen. Die Genugtuung ist natürlich schon gross, dass ich nun Abfahrts-Weltmeister bin, zumal mir Grossanlässe bis jetzt nicht allzu viel Glück gebracht haben.»

Also ist die Genugtuung fast grösser als die Freude.

«Abfahrts-Weltmeister zu sein ist sicher eine Genugtuung für mich - nach dem, was in der Vergangenheit alles passiert ist. Doch ich fahre für mich, ich gehe für mich das Risiko ein. Aber eben: Dieser Winter war auch wieder recht schwierig für mich nach der letzten Saison. Ich hatte es geschafft, in Abfahrt und Super-G zu den besten sieben zu gehören, nachdem ich den Winter aus Positionen um die dreissig herum in Angriff genommen hatte. Es war natürlich sehr schwierig, das zu wiederholen. Es ist wohl vielen nicht bewusst, was es heisst, immer vorne mit dabei zu sein.



«Als ich über den Zielsprung flog, hatte ich bereits das Gefühl, dass dies eine sehr gute Fahrt war.» /

Doch es braucht eines oder zwei Highlights pro Winter, um wieder im Gespräch zu sein (lacht).»

Vor zwei Monaten hatte das Ganze für Sie noch ganz anders ausgesehen.

«Ich war schon damals gut in Form. Im einzigen Training für die Weltcup-Abfahrt hier in Beaver Creek war ich Zweiter gewesen. Und dann war da jener Moment im Rennen, bei dem ich einen schweren Sturz nur mit viel Glück verhindern konnte. Einerseits muss ich deshalb froh sein, überhaupt hier an dieser WM teilnehmen zu können. Anderseits habe ich mich auch geärgert, dass ich die gute Form nicht zu einem entsprechenden Ergebnis habe nützen können.»

Es war ein schwieriger Moment.

«Es ist sicher schwierig für einen Athleten, der vorne mitfahren will, mit so einem Erlebnis umgehen zu können. Das Ganze hat mich aus dem Rhythmus gebracht. Doch im Januar waren die Ergebnisse okay. Wenn mir in der Lauberhorn-Abfahrt die zwei Fehler nicht unterlaufen, bin ich ganz vorne dabei.»

Mit den Ergebnissen in Wengen und in Kitzbühel ist also auch das Selbstvertrauen wieder zurückgekehrt?

«Definitiv. Das ist der eine Punkt. Eine WM ist wie gesagt etwas Spezielles. Man muss vielleicht auch mit einer anderen Einstellung einen solchen Anlass angehen. Es geht am Tag X um das grosse Ding.»

War es im Nachhinein ein Vorteil für Sie, dass Sie die interne Qualifikation bestreiten mussten? Dass Sie sozusagen schon im Training ein Rennen fahren mussten?

«Ich war ja gestern nicht besonders schnell. Ich habe einfach eine solide Fahrt gezeigt. Für die Trainer ist es oft schwierig zu rechtfertigen, wer für das Rennen gesetzt ist und wer nicht. Es war aber auch für mich nicht ganz einfach. Ich hätte ja ausscheiden können, und dann wäre ich heute womöglich Zuschauer gewesen. Ich hatte allerdings auch den Vorteil, dass die Resultate im Januar gestimmt haben und ich in der Abfahrt immer noch den ersten sieben der Weltcup-Startlist angehöre.»

War es auch ein Vorteil, dass in den Tagen vor der WM-Abfahrt aus Schweizer Sicht praktisch alle von Beat Feuz und Carlo Janka als grösste Hoffnungsträger gesprochen haben, Sie aber eigentlich nie als einer der Favoriten genannt wurden?

«Ich weiss nicht. Es kann von Vorteil sein, nicht als einer der Anwärter auf den Sieg starten zu können. Auf der anderen Seite habe ich als Schweizer Rennfahrer immer Druck. Die Erwartungshaltung in unserem Land ist stets hoch.»

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