Annäherung zwischen Sauber und Van der Garde?

Seit Van der Gardes vor einer guten Woche vor einem Schiedsgericht in Genf eingebrachter Klage waren die Fronten verhärtet. Keine der beiden Parteien wich von ihren Standpunkten ab. Der Holländer schon gar nicht, zumal die Justiz bislang stets in seinem Sinne geurteilt und ihm endgültig einen Platz im Zürcher Rennstall als Stammfahrer zugesprochen hatte.

Ein Termin vor dem Obersten Gericht des australischen Bundesstaats Victoria in Melbourne folgt nach wie vor auf den anderen. Das gestrige Treffen vor dem Supreme Court brachte keine neuen Ergebnisse. Doch der Vorsitzende Richter Clyde Croft soll die beiden Parteien dazu ermahnt haben, das Gespräch zu suchen mit dem Ziel, sich aussergerichtlich zu einigen.

Den ersten Schritt dafür hat CEO und Teamchefin Monisha Kaltenborn offenbar getan. Auf die Initiative der Österreicherin folgte Van der Gardes Einwilligung, abseits der Justizbehörde zu verhandeln. Für das Team Sauber im Allgemeinen und Monisha Kaltenborn im Besonderen scheint sich die Lage dadurch entspannt zu haben. Die von Van der Garde geforderte Beschlagnahmung der Rennautos und weiteren technischen Materials ist offenbar ebenso abgewendet wie die im Raum gestandene Verhaftung der Teamchefin.

Fehlende Lizenz und keine Freunde im Team

Zum Umdenken hat Van der Garde möglicherweise auch ein Vorkommnis am Freitagmorgen auf der Rennstrecke im Albert Park bewogen. Dem Holländer blieb vorerst der Einlass ins Fahrerlager versperrt, und in der Garage des Teams Sauber musste er zur Kenntnis nehmen, in dieser Equipe nicht wirklich willkommen zu sein. Während der Sitzprobe in dem für den Schweden Marcus Ericsson vorgesehenen Auto verliess der Grossteil der Crew-Mitglieder demonstrativ die Box.

Der Grund für den Verzicht auf den Start an den ersten zwei Trainingseinheiten war indessen ein anderer.




Van der Garde war auch gestern Freitag noch nicht im Besitz der Superlizenz. Ohne diese Bescheinigung ist eine Teilnahme am Rennbetrieb in der Formel 1 gemäss Reglement nicht möglich. Van der Garde schob die Schuld für das Fehlen des Schreibens den Verantwortlichen bei Sauber zu. Diese hatten es unterlassen, den mit Van der Garde abgeschlossenen Vertrag beim Schiedsgericht in Lausanne zu hinterlegen. Seinen Teil trug aber auch der Holländer selber bei. Bis vor wenigen Tagen soll er nicht einmal im Besitz der A-Lizenz des nationalen Automobilclubs gewesen sein, die für den Erwerb der Superlizenz unerlässlich ist.

Verzwickte Lage vor dem Rennen

Während des ersten Trainings blieb auch den vorgesehenen Stammfahrern Felipe Nasr und Ericsson nur die Zuschauerrolle. Die Teamleitung wollte aufgrund des hängigen Verfahrens weitere juristische Fehltritte tunlichst vermeiden. Zur aktuellen Situation wollte sich Monisha Kaltenborn auch bei der offiziellen Pressekonferenz der FIA am Freitagnachmittag nicht äussern. «Ich kann dazu im Moment nichts sagen. Fragen zu diesem Thema werde ich keine beantworten.»

Für Ericsson ging auch in der zweiten Session ein Teil der Vorbereitungszeit verloren. Der Schwede hatte am C34 eine defekte Hinterradaufhängung zu beklagen und konnte deshalb nicht einmal halb so viele Runden absolvieren wie Teamkollege Nasr. Der Südamerikaner klassierte sich als Elfter, Ericsson als Fünfzehnter.