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Deutsche Politiker kritisieren Internet-Pranger der Schweiz

Bern/Berlin/Hannover/Hamburg - Der Steuerstreit zwischen der Schweiz und Deutschland ist in den vergangenen Tagen neu entfacht: Deutsche Politiker stören sich an der Praxis der Eidg. Steuerverwaltung, die vollen Namen von mutmasslichen Steuersündern im Bundesblatt zu veröffentlichen.

bert / Quelle: sda / Dienstag, 26. Mai 2015 / 07:55 h

Den Anstoss für die Kritik aus dem nördlichen Nachbarland der Schweiz gab ein Artikel in der aktuellen Ausgabe der SonntagsZeitung. Demnach publiziert die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) die Namen von mutmasslichen Steuersündern im Rahmen mehrerer Amtshilfeverfahren im Bundesblatt, das im Internet für alle zugänglich ist.

Die Nachrichtenagentur sda berichtete in der Vergangenheit mehrmals über solche Verfahren. Beispielsweise wurden die Namen der ehemaligen Französischen Fussballer Youri Djorkaeff, Claude Makelele, Patrick Vieira oder Marcel Desailly im Bundesblatt namentlich genannt.

Alexandre Dumas von der ESTV bestätigte am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda dieses Vorgehen. Die Veröffentlichung des vollen Namens, des Geburtsdatums und der zuletzt bekannten Adresse mutmasslicher ausländischer Steuersünder, die anderweitig nicht ausfindig gemacht werden könnten, geschehe schon seit rund vier Jahren.

Auf Basis der Grundrechte

Zu finden sind neben Namen aus Deutschland beispielsweise auch solche aus Grossbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Tschechien und Russland, aber auch Indien und - in diesem Falle nur mit Initialen - den USA. Der Grund dafür sei, dass die Steuerverwaltung allen Betroffenen die Möglichkeit geben wolle, Rechtsmittel zu ergreifen.

«Das entspricht unseren Schweizer Grundrechten», sagte ESTV-Sprecher Beat Furrer. In der Schweiz gebe es viele solcher und ähnlicher Veröffentlichungen. Das Ursprungsland lasse eine direkte Kontaktnahme im Ausland nicht immer zu, sagte Dumas. «Das rechtliche Gehör von Personen im Ausland kennen nicht viele Länder.»

Die Publikation im Schweizer Amtsblatt geschieht laut Furrer nur in letzter Instanz.



«Das geht einen Schritt zu weit» /

Seit 2012 bietet das Steueramtshilfegesetz die rechtliche Grundlage dafür. «Vorher war die Praxis in einer entsprechenden Verordnung geregelt», sagte Dumas.

Kritik aus Deutschland

Dass die Schweiz die Namen mutmasslicher deutscher Steuersünder öffentlich zugänglich macht, kommt in Deutschland nicht gut an. Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold sieht darin einen Verstoss gegen Bürgerrechte.

«Das geht einen Schritt zu weit», sagte der Europa-Abgeordnete der «Berliner Zeitung» am Dienstag. Schliesslich seien die Betroffenen nicht verurteilt, betonte Giegold. «Die Schweiz sollte die ausländischen Behörden korrekt und vollständig informieren, statt auf diese Weise in die Bürgerrechte einzugreifen.»

Auch Finanzminister mehrerer Bundesländer kritisierten die schweizerische Praxis. Dies sei nicht mit dem deutschen Steuergeheimnis vereinbar, sagte Peter-Jürgen Schneider (SPD) aus Niedersachsen am Montag im NDR-Hörfunk. «Nachdem die Schweiz über Jahrzehnte durch entsprechende Kontengestaltung quasi Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet hat, marschiert sie jetzt in die genau entgegengesetzte Richtung.»

Nordrhein-Westfalen prüft Namen

Schneiders Amtskollege aus Baden-Württemberg betonte am Montag, eine Nennung einzelner Steuerpflichtiger sei nicht mit dem Steuergeheimnis zu vereinbaren. Anders als in der Schweiz sollen in Deutschland die Namen von möglichen Steuersündern geheim bleiben.

Nordrhein-Westfalen dagegen will die von der Schweiz veröffentlichten Namen möglicher deutscher Steuerbetrüger überprüfen. «Der Weg, den die Schweizer Steuerbehörde jetzt beschreitet, ist in der Tat speziell», teilte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) mit.

Wenn die Schweiz Namen von deutschen Bürgern im Zusammenhang mit möglichen steuerlichen Unregelmässigkeiten nenne, müssten und würden die deutschen Behörden dem aber nachgehen. «In Deutschland gelten allerdings Steuergeheimnis und Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils. Das wird sich auch nicht ändern.»

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