Cancellara mag vielleicht erstaunt gewesen sein, dass er trotz seiner alles andere als optimalen Vorbereitung um den Sieg in dieser 5,1 km langen Prüfung gegen die Uhr mitfuhr. Umso mehr dürfte es ihn gefuchst haben, dass es ihm um knapp zwei Sekunden nicht zum Sprung auf das oberste Podest gereicht hat. «Ich fahre um zu gewinnen - und nicht um Zweiter zu werden. Zweiter war ich schon oft genug», sagte Cancellara denn auch nach, nachdem er seinen total elften Etappensieg an der Tour de Suisse verpasst hatte.
Noch gut ein Jahr wird Cancellara fahren, so viele Gelegenheiten für einen grossen Sieg hat der 34-jährige Berner nicht mehr. Und der Erfolg in Rotkreuz, der erste für Cancellara an der Schweizer Rundfahrt seit vier Jahren, wäre durchaus ein solcher gewesen. Denn im Herbst seiner Karriere muss - im Gegensatz zu früher - alles zusammenpassen, wenn am Ende die 1 aufleuchten soll. Eine Angina zur Unzeit mag es beim erfolggewohnten Routinier nicht mehr verleiden.
Kein gutes Gefühl
Dass sein Resultat mit dem Hintergrund der Angina eigentlich positiv zu werten wäre, das wusste auch Cancellara. Denn während des ganzen Tages habe er sich nicht wohl gefühlt. Bereits beim Einfahren habe er «eine Leere» verspürt.
Fabian Cancellara ist ehrgeizig. /
«Ich bin kein Fan von Entschuldigungen. Aber wenn man auf dem Rad nicht das Gefühl hat, das es braucht, dann darf man eigentlich zufrieden sein.»
Zu gerne würde Cancellara an seiner zweitletzten Tour de Suisse als Rennfahrer einen elften Etappensieg einfahren. Denn mit elf Tageserfolgen würde er zu den beiden bisherigen Rekord-Etappensiegern Ferdy Kübler und Hugo Koblet aufschliessen, die bei ihren legendären Duellen in den 40er- und 50er-Jahren je elfmal zuoberst auf dem Podest gestanden hatten.
Ehrgeiziger Mann
Cancellaras Antrieb in seinen letzten Monaten als Radrennfahrer ist nicht zuletzt, für die Geschichte zu fahren. Als erfolgreichster Etappensieger der Heim-Rundfahrt zu gelten, ist genau ein solcher Rekord, der den vierfachen Zeitfahr-Weltmeister reizt. Gelegenheit dazu hat er noch an der laufenden Tour de Suisse. In einer Woche endet die Tour in seiner Heimatstadt Bern mit einem Rundkursrennen und einem Zeitfahren.
Für beide Etappen zählt Cancellara zu den Sieganwärtern. Deshalb geht es für den Berner bis dahin primär darum, nach der Angina den «Rhythmus wieder zu finden.» Cancellara wird deshalb in den kommenden Tagen kaum mehr aktiv in Erscheinung treten. In der 2. Etappe heute Sonntag wurde er bereits bei der ersten Passage des Michaelskreuzes gut 35 km vor dem Ziel abgehängt. Bis ins Ziel handelte er sich einen Rückstand von 13:19 Minuten auf den Etappensieger Kristijan Durasek (Kro) ein.
