Bereits um 6 Uhr morgens verlässt die Alinghi am Dienstag den ligurischen Hafen. Eigentlich wäre ein späterer Trainingsstart auf dem Mittelmeeer vorgesehen gewesen, doch gemäss Berechnungen herrschen nur bis etwa 11 Uhr vormittags geeignete Windverhältnisse vor. «Gestern war das noch ganz anders», schwärmt Alinghi-Chef Ernesto Bertarelli, «da bewegten wir uns von der Geschwindigkeit her schon sehr nahe am Limit.»
Dass Genua als Trainingsort gewählt wurde, hat mit den ähnlichen meteorologischen Verhältnissen zu tun, die im Februar im Persischen Golf vorherrschen. «Die Thermik ist ähnlich, und auch die hier herrschenden Temperaturen werden in den Wintermonaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten gleich wie hier sein», erklärt Skipper Brad Butterworth die perfekten Trainingsbedingungen.
Dass Genua und Alinghis Heimathafen Genf denselben Wortstamm -- beide Städtenamen werden aus dem lateinischen Wort «genu» (das Knie) abgeleitet -- ist zusätzlich als gutes Omen für den weiteren Verlauf der aktuellen America´s-Cup-Kampagne zu werten.
Per Frachter nach Arabien
Geplant ist, dass die Alinghi noch einen Monat vor Genua segelt, bevor der Katamaran spätestens Anfang Oktober in seine Einzelteile zerlegt und auf einem Frachtschiff durch den Suez-Kanal um die Arabische Halbinsel herum nach Ras al-Khaimah transportiert wird. Die Reise wird zwei bis drei Wochen dauern. Der Trainingsbetrieb auf dem Persischen Golf wird voraussichtlich Anfang November aufgenommen, also rund drei Monate vor dem Start zum 33.
«Alinghi 5» erscheint auf dem Meer noch majestätischer als auf dem Genfersee. / Foto: EQ Images
America´s Cup.
Auch wenn Alinghis Transport-Route gemäss Plan nicht unmittelbar vor der somalischen Piratenküste vorbeiführen soll, sind es keine ungefährlichen Gewässer, durch die das Schweizer Hightech-Boot transportiert wird. Logistik-Chef Silvio Arrivabene sieht indessen kein Problem: «In dieser Gegend sind viele Militärschiffe unterwegs. Wenn es Schwierigkeiten geben sollte, können sie schnell angefunkt werden.»
Schweizer Präzision auch im Sponsoring
«Alinghi 5» erscheint auf dem Meer noch majestätischer als vor einem Monat, als sie sich am Schweizer Nationalfeiertag auf dem Genfersee der Öffentlichkeit präsentierte. Dem Auftritt am 1. August ist es zu verdanken, dass Alinghi einen ersten grossen Sponsor an Bord holen konnte.
Der Schriftzug des Genfer Luxusuhren-Herstellers Hublot, der bereits an der Fussball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz Sponsor war, prangt unten links auf dem riesigen Alinghi-Segel. «Es war Liebe auf den ersten Blick», schwärmt Hublot-CEO Jean-Claude Biver, «am 1. August habe ich mich in die Alinghi verliebt, drei Tage später waren wir ihr Sponsor.»
Biver und Bertarelli geben sich kämpferisch und heben die drei Gemeinsamkeiten von Alinghi und Hublot hervor: Präzision, Liebe zum Detail und die Herstellung in der Schweiz. «Damit», grinst Biver mit einem verbalen Seitenhieb auf Konkurrent BMW Oracle, «werden Alinghi und die Schweiz die USA schlagen.»
Und Bertarelli, der sich möglicherweise bald wieder vor Gericht mit BMW Oracle herumschlagen muss, schliesst, mit einem Blick auf die im Hafen stehende Alinghi, schon fast philosophisch: «Ich habe zweimal die America´s-Cup-Trophäe hochheben können, aber das war nicht der beste Moment. Das Beste daran war der Weg dorthin.»
