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Alle jagen Dortmund - Abstiegsangst in Stuttgart

In der Bundesliga startet Borussia Dortmund mit fast perfekter Ausgangslage zur Rückrunde. Die abgeschüttelten Verfolger wünschen dem souveränen Leader heute Freitag im Gipfel der 18. Runde einen Fehltritt gegen Bayer Leverkusen - mit gutem Grund.

pad / Quelle: Si / Freitag, 14. Januar 2011 / 16:00 h

Jürgen Klopp blendet das mediale Dauerthema «BVB - Meister 2011?» regelrecht aus. Der Charismatiker will nur von einem Spiel zum nächsten planen. Klopps Strategie ist klar: Die fetten Schlagzeilen überlässt er lieber der nervösen Konkurrenz. Im sportlichen Sektor ist an sich kein Argument für die (bewusst gewählte) Zurückhaltung eruierbar. Die Borussen haben die Liga in nahezu beispiellosem Ausmass dominiert. Nie zuvor war der Vorsprung des Leaders vor dem Auftakt zur Rückrunde grösser gewesen. Zehn Punkte liegen die ersten Verfolger Mainz und Bayer Leverkusen zurück. Uli Hoeness, der Präsident von Rekord-Champion München, ist sogar auf ein Fernglas angewiesen; die Differenz ist im vergangenen Halbjahr auf kaum zu korrigierende 14 Zähler angewachsen.

Giftpfeile aus München

Seit dem 10. Spieltag führen die Westfalen die Tabelle an. Gegen Kursschwankungen zeigten sie sich bislang immun. Der siebente und erste Titel seit 2002 (unter Matthias Sammer) zeichnet sich regelrecht ab. Klopp hat eine junge Gruppe formiert, die sich bislang mit jeder Situation arrangierte. Defensiv, das belegen die nur zehn Gegentore, war kein Team besser organisiert - und der breit abgestützte Angriff ist mit 39 Treffern in neue Dimensionen vorgestossen. Klopp, der das neue BVB-Selbstvertrauen wie kein anderer Borusse verkörpert, fürchtet sich vor Störmanövern aus dem Süden deshalb nicht gross. Die Wahrnehmung der anderen Kolosse empfindet der Dortmunder Trainer als Ehre. «Und wenn dann Giftpfeile fliegen: Es gibt Schlimmeres, als von den Bayern als Konkurrent ausgemacht worden zu sein. Wir gedenken das zu geniessen», richtete er Hoeness und Co. in einem Interview mit dem «Kicker» aus.

Der Klub der Verfolger

Mainz überraschte die Experten am meisten. In der «ZDF-Stadt» rechnete niemand mit einer derart komfortablen Ausgangslage. Aber der vom Hobby-Rocksänger Harald Strutz seit bald 23 Jahren profund geführte Verein hinterliess tiefe Spuren. Coach Thomas Tuchel (37), bis im vorletzten Sommer noch im Jugendbereich engagiert, hat das Wort «Schnittstelle» im Vokabular der deutschen Journalisten etabliert. Holtby und Schürrle, zwei Einheimische mit Jahrgang 1990, orchestrierten das Mainzer Tempospiel und standen fast ausnahmslos an der richtigen Schnittstelle.

Angriffslust bei Leverkusen

Von Anfang an höhere Ziele verfolgte Bayer. Das Team von Tranquillo Barnetta und Eren Derdiyok ist breiter besetzt als in den Jahren zuvor und steht für pure Angriffslust. Ausser Dortmund hat kein anderer Bundesligist eine bessere Offensiv-Bilanz vorzuweisen (35 Plustore). Jupp Heynckes, kein Lautsprecher, sondern eine intern geschätzte Respektsperson, lenkt Bayer smart. Auch das inszenierte Theater um Michael Ballacks Comeback managte er in den letzten Tagen gut. Der «Capitano a.D.» («Süddeutsche») wird im Spitzenspiel gegen den BVB heute Freitag wohl nur als Joker eingreifen. Der Superstar hat nach gesamthaft fast siebenmonatiger Pause das Höchstlevel noch nicht erreicht. Unmittelbar vor den Bayern hat sich Hannover eingereiht. Mit dem Aufschwung war nicht zu rechnen gewesen. Aber Mirko Slomka führte die 96er aus dem Tief und zur besten Zwischenklassierung seit der Rückkehr in die Eliteklasse. Mario Eggimann war mit immerhin sieben Einsätzen zumindest mitbeteiligt am Aufstieg.

Van Gaals Solo: Goaliewechsel zur Unzeit?

Der FC Bayern verlegte sein Quartier für ein paar Tage von der «Säbener Strasse» nach Doha. Als Gast des WM-Veranstalters 2022 entwarf der FCB grosse Pläne fürs neue Jahr. Eine Siegserie wird angepeilt, die auch etwas kosten darf. Aus Hoffenheim lotsten die Münchner deshalb das braslianische Juwel Luiz Gustavo (23) für 15 Millionen Euro an die nobelste Adresse der deutschen Fussball-Szene. Er wird auf dem Rasen einst die Rolle von Captain Mark von Bommel übernehmen, dessen Engagement spätestens im Sommer endet. Am Persischen Golf stand aber zunächst ein anderer im Fokus: Arjen Robben. Der Holländer kehrte nach 231 Tagen (Muskelriss) im Test gegen Al-Wakrah (4:0) zurück. Zusammen mit Franck Ribéry kann die Nummer 10 Münchens den Verlauf der nächsten fünf Monate massgeblich prägen. Einen womöglich kursweisenden Entscheid hat Louis van Gaal bereits gefällt. Er wird im Tor nicht mehr auf Jörg Butt (36), sondern auf Thomas Kraft (22) setzen. Der Cheftrainer befand den einst von Felix Magath ins Profi-Kader beförderten «Protz» (Nickname) für besser. «Es ist sein exklusiver Enscheid und damit Ende», lautete ein würziges Zitat von Karl-Heinz Rummenigge. Zur Entschlüsselung: Der Vorstand, der sich um Schalkes Manuel Neuer bemüht, goutiert das Solo von «LvG» überhaupt nicht. Sollte Kraft scheitern, steht die Position Van Gaals erneut zur Debatte.

Rangnicks Rücktritt und andere Krisenherde

Zum Eklat kams in Hoffenheim. Der kometenhafte Aufstieg der TSG - innerhalb von acht Jahren von der Verbandsliga in die Bundesliga - hat Energie und Geld gekostet. Klubbesitzer Dietmar Hopp trat nach einem Minus von 90 Millionen Euro in den drei Saison seit dem Aufstieg auf die Schuldenbremse. Der Milliardär verkaufte München Gustavo, ohne Ralf Rangnick in die Pläne einzuweihen. Der langjährige Trainer zog sich wenige Tage später frustriert zurück. Auslöser für die Demission sei Hopps geheime Verhandlung in München gewesen, erklärte Rangnick in einem Interview. Mitten im Sturm steht mit Thomas Schaaf auch der «Trainer-Dino» der Liga. Seit bald zwölf Jahren arbeitet der gegen aussen hin knorrige Bremer für Werder. Der Absturz auf Platz 14 hat ihn fast verstummen lassen. Hinter den Kulissen brodelt es aber. Hugo Almeida wurde (gegen seinen Willen) verkauft. Und Captain Torsten Frings wartet bisher vergeblich auf eine Vertragsverlängerung.

Stuttgart will aus dem Keller raus

Nicht nur Bremen, auch der Zweitletzte Stuttgart, der zu den Stammgästen und Schwergewichten der Bundesliga zu zählen ist, steht vor einer heiklen Phase. Dem Verein aus «Benz-Town» droht erstmals seit dem einzigen Abstieg vor 36 Jahren der Rückfall in die Zweitklassigkeit. Die Entlassung von Christian Gross bewirkte nichts. Im Gegenteil: Unter seinem früheren und illoyalen Assistenten Jens Keller verschlimmerte sich die Lage. Bruno Labbadia muss das desaströse Zwischenergebnis (12 Punkte nach 17 Spielen) sofort verbessern. Welche Rolle dabei für den Schweizer Verteidiger Philipp Degen vorgesehen ist, bleibt abzuwarten. Nur Mönchengladbach (10 Punkte) steht noch schlechter da als der VfB. Dort herrschen mittlerweile ähnlich chaotische Zustände wie in Köln, wo sich der leidenschaftliche Anhang fast im Monatstakt über die Einstellung der gefallenen Prinzen um Lukas Podolski beschwert.

Rangliste (je 17 Spiele):


1.



Feiern die Dortmunder auch am Saisonende? / Foto: EQ Images

Borussia Dortmund 43. 2. Mainz 33 (30:19). 3. Bayer Leverkusen 33 (35:25). 4. Hannover 96 31. 5. Bayern München 29. 6. SC Freiburg 28. 7. Eintracht Frankfurt 26. 8. Hoffenheim 25. 9. Hamburger SV 24. 10. Schalke 04 22 (25:24). 11. Nürnberg 22 (22:28). 12. Kaiserslautern 21. 13. Wolfsburg 19 (24:25). 14. Werder Bremen 19 (23:35). 15. St. Pauli 17. 16. 1. FC Köln 15. 17. VfB Stuttgart 12. 18. Borussia Mönchengladbach 10.

Die wichtigsten Transfers der 18 Bundesligisten in der Winterpause:

Borussia Dortmund (1.):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Mainz (2.):


Abgänge: Felix Borja (Puebla/Mex), Babangida Haruna (Vertragsende).

Leverkusen (3.):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Hannover (4.):


Abgang: Mike Hanke (Mönchengladbach).

Bayern München (5.):


Zuzug: Luiz Gustavo (Hoffenheim). - Abgänge: Martin Demichelis (Malaga/Sp), David Alaba (Hoffenheim).

Freiburg (6.):


Abgang: Ivica Banovic (ausgeliehen an Duisburg).

Frankfurt (7.):


Zuzug: Nikola Petkovic (Tom Tomsk, Russland/war ausgeliehen).

Hoffenheim (8.):


Zuzüge: Trainer Marco Pezzaiuoli (bisher Assistent). David Alaba (Bayern München). Roberto Firmino (Tombense FC, Br). - Abgänge: Trainer Ralf Rangnick. Luiz Gustavo (Bayern München). Christian Eichner (1. FC Köln).

Hamburger SV (9.):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Schalke (10):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Nürnberg (11.):


Zuzug: Timo Ochs (vereinslos). - Abgänge: Dario Vidosic (Bielefeld). Issac Boakye (Ziel unbekannt)

Kaiserslautern (12.):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Wolfsburg (13.):


Abgänge: Edin Dzeko (Manchester City). Karim Ziani und Caiuby (beide suspendiert).

Werder Bremen (14.):


Zuzug: Deni Avdic (Elfsborg/Sd). - Abgang: Hugo Almeida (Besiktas Istanbul).

St. Pauli (15.):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Köln (16.):


Zuzüge: Tomoaki Makino (Sanfrecce Hiroshima/Jap). Michael Rensing (vereinslos). Christian Eichner (1899 Hoffenheim). Slawomir Peszko (Lech Posen/Pol). Wilfried Sanou (Urawa Red Diamonds/Jap, war ausgeliehen). - Abgang: Faryd Mondragon (Philadelphia Union/USA).

Stuttgart (17.):


Keine Zuzüge oder Abgänge.

Mönchengladbach (18.):


Zuzüge: Martin Stranzl (Spartak Moskau). Havard Nordtveit (Arsenal). Mike Hanke (Hannover). - Abgang: Jan-Ingwer Callsen-Bracken (Augsburg).

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