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Kampagne will Tabu bei psychischen Erkrankungen brechen

Zürich - Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet. Dennoch liegt ein Tabu auf ihnen: Man geht geflissentlich darüber hinweg, spricht hinter vorgehaltener Hand darüber und guckt die Betroffenen auch schon mal schief an. Eine breite Kampagne will nun aufklären und das Tabu brechen.

jbo / Quelle: sda / Freitag, 10. Oktober 2014 / 10:27 h

Laut den Initianten erkrankt im Durchschnitt jeder zweite Mensch in der Schweiz einmal im Leben psychisch so schwer, dass eine Behandlung notwendig ist. Und weil "man" darüber nicht spricht, wird die Erkrankung häufig zu spät erkannt. Dies wiederum verringert die Heilungschancen.

Hier setzt die Kampagne ein, die sich mit Plakaten, Broschüren und eine Website an die Öffentlichkeit wendet. Dahinter stehen die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, die Schweizerische Stiftung Pro Mente Sana, die Kantone Schwyz, Luzern und Bern sowie mehrere Gesundheitsorganisationen.

Die Plakate zeigen vier Sujets von alltäglichen Situationen, dazu mögliche Gesprächsthemen: "Hagel, Jass, Depression" sind das etwa für zwei ältere Männer, die sich vor einem Apfelgarten unterhalten. "Flirt, Schuhe, Magersucht" für zwei junge Frauen, die sich gemütlich in einer Hängematte fläzen - ein Signal, dass die psychische Krankheit ganz natürlich angesprochen werden kann.

Website und Broschüre informieren Betroffene und Dritte über verschiedene Krankheiten. Sie zeigen zudem, welche Hilfsangebote es gibt und wo, und geben konkrete Anregungen für Gespräche.

Sensibilisiertes Umfeld

Zwar sei Verhindern durch Prävention - etwa Suchtprävention - immer der beste Weg, sagte der Zürcher Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger (FDP) vor den Medien.



Die Kampagne ruft dazu auf, über psychische Erkrankungen offen zu sprechen. /

Gleich danach komme die Früherkennung. Dazu sei ein sensibilisiertes Umfeld nötig: Wichtig seien neben Fachleuten Familie, Freunde, Arbeitgeber, Trainer und weitere.

Ziel sei es, psychische Erkrankungen als "normale" Krankheiten zu akzeptieren, als "etwas, worüber man auch sprechen darf, sprechen soll", sagte Heiniger.

Der Gesundheitsdirektor verschwieg auch nicht die Kosten, die psychische Krankheiten verursachen. Nach Annahmen von "Gesundheitsförderung Schweiz" seien dies jedes Jahr - einschliesslich volkswirtschaftliche Kosten - 19 Milliarden Franken.

Weniger Arbeitgeber-Toleranz

Laut Pro-Mente-Sana-Stiftungspräsident Thomas Ihde hat sich die soziale Integration in den letzten Jahren verschlechtert, die Toleranz der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmenden mit psychischen Erkrankungen abgenommen. Die Kosten für die IV stiegen enorm an. Sie haben sich laut Ihde zwischen 1995 und 2012 verdreifacht.

Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen seien weit verbreitet: Der depressive Nachbar oder die Kollegin mit den Panikattacken bräuchten sich bloss "ein wenig zusammenreissen", dann ginge es schon. Auch viele Betroffene selbst hätten diese Vorurteile verinnerlicht und quälten sich mit den entsprechenden Schuldgefühlen.

Verbreitet sei auch die Annahme, Menschen mit psychischen Krankheiten seien gefährlich und solche Krankheiten nicht heilbar. Dies stimme jedoch in sehr vielen Fällen nicht, sagte Ihde. Anders als viele körperliche seien psychische Krankheiten aber häufig "diffus und schwer greifbar".

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