U17-WM: Unsere Kleinen ganz Gross

Nach der kolumbianischen Demütigung folgte der Schweizer Triumphsprint über die Rundbahn. Und die Sieger nutzten die Gunst der Jubelstunde geschickt. Janick Kamber schnappte sich eine nigerianische Flagge und forderte die euphorisierten Fans zur Welle auf. Der Rest der tanzenden Schweizer schleuderte rot-weissen Shirts auf die Tribüne. Dany Ryser strahlte. Der Erfolgs-Trainer wurde von einem Interview-Termin zum nächsten gehetzt. Alle interessierten sich für ihn. Später wurden die Spieler belagert.

Interviewmarathon

Die Journalisten verursachten bei den Schweizern fast mehr Schweissausbrüche als zuvor die Kolumbianer auf dem Feld. Jeder forschte nach dem Geheimnis der Schweizer Fussball-Wunderknaben. Ihr Glück konnten die meisten Schweizer kaum fassen. «Ich brauche jetzt zuerst einmal ein paar Stunden, um mich wieder zu beruhigen», rang Ricardo Rodriguez in der drückenden Hitze nach Luft und Worten. Der wilde Zürcher Aussenverteidiger verkörpert den Geist dieser Sonderausgabe der U17 perfekt - heisses Temperament und Sinn für Präzision.

Selbstvertrauen verleiht ungeahnte Kräfte

«Jeder pusht den anderen. Unser Selbstvertrauen verleiht uns enorme Kräfte», erklärte Haris Seferovic die Demonstration der Stärke.




Für den GC-Stürmer, der wie sein Klub-Kollege Nassim Ben Khalifa bereits bei vier Toren angelangt ist, geht ein Traum in Erfüllung. Er wird am Sonntag vor über 60'000 Zuschauern um den ersten WM-Titel eines Schweizer Teams spielen. Seferovic verfügt wie Ben Khalifa über einen unerhörten Instinkt. Er ahnt die Pässe seiner Kollegen voraus. Nur das Ergebnis am Sonntag lässt sich auch für ihn, den erklärten Ibrahimovic-Fan, nicht erahnen. «Wir haben vor jedem Gegner Respekt, aber Angst haben wir keine. Jetzt kommt unsere riesige Chance. Die müssen wir packen.»

Erholung statt Feier

Zeit, den 4:0-Triumph zu geniessen oder sogar zu zelebrieren, blieb den Jungstars nicht. Früh am Freitagmorgen dislozierte die SFV-Delegation zum Flughafen in Lagos. Mit dem ersten Jet traten sie die Reise in die Hauptstadt Abuja an. «Nein, gefeiert wird nicht. Die Spieler müssen sich sofort erholen», gab Ryser die klare Devise aus. Alles verläuft im Schweizer Camp nach Plan, als würde ein Hollywood-Abgesandter Regie führen. Nur die unkontrollierten Zuschauermassen, die zum zweiten Halbfinal zwischen Nigeria und Spanien ins bereits überfüllte Stadion stürmten, durchkreuzten die Pläne. Erst mit mehrstündiger Verspätung war eine Rückkehr ins Hotel möglich.