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WM-Tagebuch: Die blaue Schande

In seinem WM-Tagebuch berichtet der fussball.ch-Redaktor Pascal Dörig über die Highlights, Überraschungen und Enttäuschungen des vergangenen WM-Tages. Diesmal mit dem kindlichen Diego Maradona, dem zweiten Einsatz von Vincent Enyeama und dem Untergang der Grande Nation.

Pascal Dörig / Quelle: news.ch / Freitag, 18. Juni 2010 / 10:22 h

Liebes Tagebuch: Der Kalender zeigte den 17. Juni 2010. Ich war soeben aufgewacht und mir wurde klar, es ist kein Traum, die Schweiz hat tatsächlich Spanien besiegt und ist nun Top-Favorit auf den Weltmeistertitel! Okay, bei Letzterem war ich vielleicht ein bisschen zu überschwänglich. Top-Favoriten sind immer noch andere und eines dieser Länder hat dann auch gleich den Anfang zum Fussball-Tag gemacht - Argentinien nämlich. Die Leistung von Barça-Star Lionel Messi nahm ich bei diesem Spiel sehr genau unter die Lupe. Schliesslich musste ich ja wissen, ob der Wert meines Messi-Trikots sank oder stieg. Jetzt bin ich schlauer - es ist unverkäuflich. Er hat zwar nicht getroffen, aber die Südkoreaner sahen gegen ihn öfters mal wie kleine Schuljungen aus. Ausserdem hatte er mit seiner Vorarbeit grossen Anteil daran, dass sich Gonzalo Higuain von Real Madrid als dreifacher Torschütze auszeichnen konnte.

Der kindliche Diego Maradona

Trotz der vier Tore auf argentinischer Seite blieb er der einzige Torschütze im Dress der Albiceleste. Das Führungstor machte Chu-Young Park - ein Eigentor. Kurz vor der Pause realisierte Chung-Yong Lee nach einem Sekundenschlaf von Martin Demichelis den 2:1-Anschlusstreffer. Am Ende hiess es 4:1 für die Gauchos. Fünf Tore in 90 Minuten, das war Musik in meinen Ohren. Dass das 3:1 von Higuain Offside war interessierte mich wenig. Ich überlegte auch nicht, ob ich kurz ein Telefon nach Südafrika machen sollte, um den Schiedsrichter aufzuklären. Tore waren mir wichtiger und am Ausgang hätte der Entscheid kaum was geändert.

Und was machte währenddessen das Kind auf Argentiniens Bank? Diego Maradona zappelte in seiner Coaching-Zone rauf und runter und liess es sich bei keiner Gelegenheit nehmen, ein paar Kunststücke mit dem Ball zu zeigen, sobald dieser in seiner Nähe war. Bei jedem Tor der Südamerikaner stand eine Gruppenumarmung auf dem Programm und nach dem Spiel umarmte der kleine Gartenzwerg, wie ich ihn seit dem ersten Argentinien-Spiel nenne, jeden seiner Spieler und versah ihn mit einem Küsschen. «Das hat nichts mit schwul zu tun», stellte Maradona auf der Pressekonferenz nach dem Spiel dann noch klar.

Enyeama zum FC Basel?

Nach dem Einsatz von Lionel Messi ist vor dem Auftritt von Nigerias Vincent Enyeama. Dem Torhüter, der mit seinen Paraden gegen Argentinien den Sprung in mein Herz geschafft hat.



Mathieu Valbuena war die Enttäuschung förmlich anzusehen. /



Javier Hernandez. /

Tönt kitschig ich weiss, ist aber so. Wäre nicht schon Franco Costanzo beim FC Basel, so würde ich auf Facebook direkt eine Kampagne starten: «Holt Enyeama ins FCB-Tor.»

Gegen die Griechen von Otto Rehhagel lief für Nigeria alles nach Plan. Mit der 1:0-Führung im Rücken gewannen die Afrikaner an Sicherheit und Griechenland hatte dem nichts entgegenzusetzen. Dies war jedenfalls so bis Sani Kaita kam und sich die rote Karte abholt. Mit einer unkontrollierten Aktion schadete er seinem Team. Versuchte Tätlichkeit ist halt nun mal Rot, dass sah Schiedsrichter Oscar Ruiz aus Kolumbien genau richtig.

Damit war der Untergang der «Super Eagles» eingeläutet und der erste Sieg der Griechen an einer WM-Endrunde wurde zur Tatsache. Besonders leid tat mir Vincent Enyeama, der mit seinem Flop das entscheidende 1:2 verschuldete. Dieser musste dann nach Spielschluss heulend von seinen Betreuer vom Spielfeld begleitet werden. Aber mal ehrlich, ohne rote Karte hätte Griechenland dieses Spiel nie im Leben gewonnen.

Ein Land trauert

Der Tag wurde mit einer Tragödie abgeschlossen. Frankreich, eine der besten Fussballnationen aller Zeiten mit Spielern wie Franck Ribery, Thierry Henry und Eric Abidal erlebte ihren Untergang. Die «Equipe Tricolore» unterlag Mexiko nach einer miserablen Leistung völlig verdient mit 0:2 und steht vor dem WM-Aus. Der Coach der «Grande Nation», Raymond Domenech regte sich während des ganzen Spiels kaum, keine Anweisungen an seine Spieler, keine Emotionen, einfach nichts. Alles in allem eine blaue Schande! Eine blaue Schande, die für mich nicht überraschend kam, so hab ich vor dem Spiel noch auf einen Misstritt der Franzosen gewettet.

Ein Gedanke zum Schluss: Javier Hernandez wurde in Hälfte zwei eingewechselt. Hernandez trägt den Spitznamen Chicharito (Erbschen), den bereits sein Vater, der ebenfalls Nationalspieler war, trug. Seinem Erzeuger kam der Spitzname wegen seiner grünen Augen zu teil. Hernandez Junior würde ich persönlich den Namen Pinocchio verleihen, wegen seiner spitzen Nase. Vielleicht könnte man sich auch auf «Pinocchio mit den Erbsenaugen» oder was ähnliches einigen. Hernandez leitete mit seinem 1:0 übrigens den Untergang Frankreichs ein. Für die Entscheidung war Routinier Blanco per Elfmeter besorgt.

 

 


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