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WM 2010 - Ein Rückblick von A bis Z

Nach einem Monat im Bann des Fussballs fehlen nur noch zwei Partien bis zur Entscheidung. Hier unser ultimativer Rückblick nach 62 von 64 WM-Spielen von A(lphatier) bis Z(ampano).

bert / Quelle: Si / Freitag, 9. Juli 2010 / 17:17 h

A wie Alphatier.

Kein Einzelspieler hatte in Südafrika solche Bedeutung für sein Team wie Diego Forlan für Uruguay. Der Stürmerstar von Atletico Madrid rackerte, stopfte Löcher, trieb seine Mitspieler an, führte praktisch alle Standard-Situationen aus und führte die «Celeste» dank vier Toren in die Halbfinals.

B wie Bomber.

Wesley Sneijder und David Villa liessen die Tornetze bisher je fünfmal erzittern und werden den Torschützenkönig wohl unter sich ausmachen. Aussenseiterchancen hat (neben Forlan) auch noch der im Bronzespiel engagierte Miroslav Klose, der mit seinen 4 Toren seine Gesamtquote auf 14 schraubte, nur eines weniger als der ewige Topskorer Ronaldo.

C wie Charakter.

Die spanische Mannschaft erwischte mit dem 0:1 gegen die Schweiz den schlimmstmöglichen WM-Start. Doch das Star-Ensemble kämpfte sich Schritt um Schritt ins Turnier zurück und überzeugte im Halbfinal gegen Deutschland erstmals auch spielerisch restlos. Verdienter Lohn für den Europameister war die erstmalige Final-Qualifikation auf höchster Bühne.

D wie Dummheit.

Der fiktive Preis für die unnötigste Aktion des Turniers geht an Felipe Melo. Der Brasilianer liess sich im Viertelfinal gegen Holland beim Stande von 1:2 zu einer Tätlichkeit hinreissen und kompromittierte so die Ausgleichschancen seines Teams massiv. Beim 1:1 war Melo mit einem Kopfball-Ablenker ins eigene Tor ebenfalls unglücklich beteiligt.

E wie Elftal.

32 Jahre nach dem Turnier in Argentinien schaffte Holland wieder einmal den Sprung in den Showdown. Dem Team von Bert van Marwijk wurde zwar vereinzelt vorgeworfen, zu wenig spektakulär gespielt zu haben, diese Kritik können die Sneijder, Robben und Co. aber an sich abprallen lassen: Sechs Siege in sechs Partien geben eine klare Antwort.

F wie Flatterer.

Im Vorfeld war bereits gewarnt worden, die Torhüter konnten einem aber im letzten Monat leid tun. Der WM-Ball «Jabulani» schien sich geradezu einen Spass daraus zu machen, immer neue Flugbahnen zu erfinden und sorgte damit für viele Lacher bei den Zuschauern, aber auch manche schlaflosen Nächte bei den Goalies.

G wie Goretex.

Südafrika räumte mit der Mär auf, eine Fussball-WM finde im Sommer statt. Während die Nachmittagspartien bei angenehmen Temperaturen über die Bühne gingen, hätte man sich am Abend durchaus an einer Veranstaltung des alpinen Ski-Weltcups wähnen können: Schals, Handschuhe und lange Unterwäsche waren unerlässliche Utensilien beim Kampf gegen die Minusgrade.

H wie Hand.

Die wichtigste Parade des Turniers gelang Luis Suarez. Der Stürmer von Uruguay rettete in der 121. Minute des Viertelfinals gegen Ghana per Hand auf der Linie und avancierte zum grossen Helden, obwohl er des Platzes verwiesen wurde. Asamoah Gyan verschoss vom Elfmeterpunkt und die «Urus» gewannen auch das anschliessende Penaltyschiessen, so dass sich Suarez' Tat sehr lohnte.

I wie Illusion.

Einen besseren Start als mit dem 1:0 gegen den Europameister Spanien hätte sich die Schweiz nicht wünschen können. Doch das Team von Ottmar Hitzfeld hatte damit das Pulver unerwartet früh verschossen. Gegen Chile, auch wegen der Schiedsrichterleistung, und Honduras enttäuschte das SFV-Ensemble und musste deswegen schon nach der Vorrunde die Heimreise antreten.

J wie Juventus.

Italiens Coach Marcello Lippi hatte beim Versuch der Titelverteidigung primär auf einen Block aus Turin gebaut. Die sechs Juventini und die übrigen «Azzurri» spielten aber nicht erfrischend «jung», sondern viel eher wie eine «alte Dame». Dass diese aber so alt sein würde, um in der schwächsten Vorrundengruppe (Paraguay, Neuseeland, Slowakei) den letzten Platz zu belegen, hätten nicht einmal die grössten Pessimisten prognostiziert.

K wie Kontinent.

Die Resultate der afrikanischen Teams vermochten einmal mehr mit den Erwartungen nicht Schritt zu halten. Dafür setzte in der Schlussphase eine gigantische Welle der Solidarität ein: Ab den Achtelfinals stand ganz Afrika hinter Ghana, das schliesslich die Halbfinal-Qualifikation nur hauchdünn verpasste.

L wie Lebensfreude.

Der Geist von Nelson Mandela begleitete die ganze WM, Gastfreundschaft wurde überall gross geschrieben. Freude bereiteten auch die Gastgeber mit ihrer Matchvorbereitung, als sie jeweils tanzend und singend aus dem Bus stiegen. Die «Bafana Bafana» nahm ihren Auftrag dann aber etwas allzu wörtlich und verabschiedete sich als erstes Heimteam bereits nach der Vorrunde.

M wie Monopol.

Wie immer alle vier Jahre stand die Welt auch jetzt wieder einen Monat nahezu still. Fast alle Diskussionen drehten sich um das runde Leder, praktisch alle TV-Stationen registrierten neue Rekordwerte. Wenn am Sonntag die wichtigste Frage im Sport geklärt wird, werden deutlich mehr als eine Milliarde Leute Spanien oder Holland unterstützen.

N wie Nationalheld.

Der unbestrittene König von Afrika heisst Joseph S.



Von Ränkespielen, Rumpelstilzchen und schlaflosen Nächten. /

Blatter. Der wohl mächtigste Sportfunktionär der Welt holte die WM gegen viele Widerstände nach Südafrika und sah sich in diesen Wochen in dieser Tat bestätigt. Zumindest geschmeichelt haben dürften dem Walliser auch die zahllosen Sympathiekundgebungen.

O wie Ohrenschaden.

Regelmässige TV-Betrachter können nur erahnen, welchen Risiken sich die Zuschauer in den Stadien aussetzten. Das vierwöchige, permanente und laute Getröte der Vuvuzelas stellte zumindest die Gehörgänge (und Nerven) zartbesaiteter europäischer Fussballfans auf eine harte Ausdauerprobe.

P wie Pfeife(n).

Noch selten gaben die Leistungen der Schiedsrichter so viel Anlass zu Kritik wie an dieser WM, ein halbes Dutzend Partien wurde durch massive Fehler beeinflusst. Einige Schiedsrichter blieben trotz haarsträubender Fehler lange im Turnier, für Massimo Busacca hingegen war das Turnier trotz guter Leistung nach einem Spiel beendet.

Q wie Querelen.

Den lächerlichsten Auftritt hatte zweifelsfrei Frankreich. Der WM-Finalist von 2006, immer noch betreut vom kauzigen Raymond Domenech, machte mehr durch Ränkespiele neben dem Platz als durch Leistungen auf sich aufmerksam. Negativer Höhepunkt war der verbale Ausraster von «enfant terrible» Nicolas Anelka gegen Domenech in der Pause der Partie gegen Mexiko.

R wie Resultat.

Zahlreiche der spielstarken Teams wurden dafür kritisiert, den Pragmatismus vor das Spektakel gestellt zu haben. Mit Ausnahme von Brasilien ist die Rechnung aber aufgegangen: Gerade den Finalisten Holland und Spanien war in der Vergangenheit oft vorgeworfen worden, sich zu wenig auf das Wesentliche zu konzentrieren.

S wie Straflager.

Von nordkoreanischer Seite wurde relativ schnell nach dem 0:7 gegen Portugal verkündet, die Spieler hätten bei ihrer Rückkehr nach Pjöngjang keinerlei Repressalien zu befürchten. Dass Diktator Kim Jong-il aber über die höchste Schlappe im gesamten WM-Turnier nicht erfreut ist, steht ausser Frage. Über allfällige staatlich verordnete Sondertrainings wurde indes bisher nichts bekannt...

T wie Talisman.

Michael Ballack eignet sich nur bedingt als Glücksbringer. Der verletzte deutsche Captain war vor dem Viertelfinal angereist, um seinen Mitspielern Unterstützung zukommen zu lassen. Der bisherige Leitwolf wurde aber kühl empfangen und reiste noch vor dem Halbfinal unverrichteter Dinge wieder ab, nachdem ihm Philipp Lahm öffentlich die Captainbinde abspenstig machen wollte. Der «Generationen-Graben» im so erfrischend auftretenden DFB-Team dürfte sich nach Turnierende akzentuieren.

U wie (Un-)Heilbringer.

Deutschland konnte den Halbfinal gegen Spanien praktisch nicht gewinnen. Logisch, hatte doch Paul auf einen Sieg der Iberer gesetzt. Paul ist eine in Oberhausen beheimatete Krake und sicher das Lebewesen mit dem während der WM am sprunghaftesten angestiegenen Bekanntheitsgrad. Der Tintenfisch sagte mit traumwandlerischer Sicherheit die Ausgänge aller Partien Deutschlands voraus, als er sich jeweils für eine von zwei Portionen mit Muschelfleisch entschied.

V wie Versager.

Es hätte die WM von Lionel Messi werden sollen, oder jene von Wayne Rooney. Der zuletzt weltbeste Fussballer und der englische Skorer verliessen die WM-Bühne aber ebenso durch den Hinterausgang wie Fabio Cannavaro, Kaka oder Franck Ribéry. Und Cristiano Ronaldo blieb ohnhein einmal mehr bei einem wichtigen Rendez-Vous alles schuldig.

W wie Werbecoup.

Ein Schweizer Uhrenhersteller darf sich ebenfalls als grosser Gewinner der WM fühlen. Hublot, die am Genfersee domizilierte Firma von Jean-Claude Biver, ist seit April «offizieller WM-Zeitmesser» und hatte jedes Mal, wenn die Nachspielzeit eingeblendet wurde, einen weltweit grossen Auftritt. Zudem ist Diego Armando Maradona, der Hublot-Modelle an beiden Handgelenken trägt, ein omnipräsenter Botschafter.

X wie Unentschieden.

Mit drei Unentschieden in der Vorrunde kann man Weltmeister werden, wie Italien 1982 bewies. Man kann aber auch trotz drei Unentschieden und damit ungeschlagen ausscheiden, so wie es Neuseeland nun widerfuhr. Die Ozeanier zeigten aber drei starke Leistungen und ernteten international viel Respekt.

Y wie Yard.

Etwa um diese Masseinheit von 91,44 Zentimetern war der Ball beim Spiel Deutschland - England nach einem Schuss von Frank Lampard im Tor. Mit Ausnahme des Ref-Trios sah es die ganze Welt, es nützte aber nichts. Einziges Positivum war, dass die Diskussion um die Tor-Kamera neue Nahrung erhielt und technische Neuerungen bald eingeführt werden dürften.

Z wie Zampano.

Diego Armando Maradona generierte mehr Medienpräsenz als alle 31 anderen Coaches zusammen. Das argentinische «Rumpelstilzchen» wurde zuerst für seine emotionalen Auftritte gelobt, anschliessend fiel die Kritik aber vernichtend aus: Selten hat man eine potenziell starke Nationalmannschaft in einem WM-Viertelfinal schlechter vorbereitet gesehen als die «Albiceleste» beim 0:4 gegen Deutschland.

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