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Amerika soll jetzt endlich an sich selbst denken

Barack Obama hat den Krieg gegen Afghanistan zwar nicht begonnen, doch als Präsidentschaftskandidat billigte er ihn und als Regierungschef erhöhte er die Truppenzahl vor Ort. Nachdem sein Wahlkampf für die Wiederwahl langsam anläuft und die Amerikaner den Krieg unbedingt beenden wollen, sucht er nach einem Ausweg.

Kolumne von Jonathan Mann / Quelle: CNN-News / Freitag, 24. Juni 2011 / 13:34 h

«Amerika, es ist Zeit, dass wir uns auf den Staatsaufbau zu Hause konzentrieren», sagte er diese Woche in einer Fernsehansprache. Fast ein Jahrzehnt ist es nun her, seit die Amerikaner und ihre Verbündeten nach den Anschlägen vom 11. September die ersten Luftangriffe gegen Afghanistan starteten.

Heute sind dort etwa 100'000 amerikanische Soldaten und weitere 42'000 aus anderen Ländern, wie z. B. Deutschland, Frankreich, Kanada und Grossbritannien, stationiert.

Vor seinem Amtsantritt kritisierte Obama seinen Vorgänger George W. Bush dafür, nicht genügend Truppen in den Kampf geschickt zu haben, um den Krieg gewinnen zu können.

Nachdem Obama schliesslich Präsident geworden war, verdreifachte er die Zahl der Truppen: 2009 schickte er nach und nach Tausende weitere Soldaten, um dann auf einen Schlag noch einmal 30'000 zusätzlich an den Hindukusch zu entsenden - in der Hoffnung, diese Truppenaufstockung könne die verfahrene Situation retten.

Mission (beinahe) beendet

Jetzt verfolgt der Präsident den Plan, die Mission zu beenden. Dieses Jahr sollen 10'000 und bis September 2012 weitere 33'000 Soldaten Afghanistan verlassen - zwei Monate, bevor sich Obama zur Wiederwahl stellt.

Obama sagt, die USA hätten mit der Truppenaufstockung ihr Ziel erreicht. Viele Experten sind der Meinung, dass dadurch zwar keine dauerhafte Lösung erreicht werden konnte, aber doch Fortschritte gemacht wurden.



Seine Entscheidung stützte Obama auf deutliche Fortschritte im Kampf gegen die Al-Kaida-Terroristen. /

Al-Qaida ist grösstenteils aus dem Land vertrieben worden. Die Aufständischen fanden Schutz im Nachbarland Pakistan, wo amerikanische Spezialeinheiten ihren Anführer Osama bin Laden getötet haben.

Doch die Taliban sind sicherlich immer noch dort. Nach einer Schätzung der Vereinten Nationen gab es wohl im letzten Monat so viele Todesfälle wie noch nie unter der Zivilbevölkerung Afghanistans seit Beginn des Krieges. Berichten zufolge wollten hohe US-Militärs weiterhin mit so vielen Soldaten wie möglich in Afghanistan präsent sein, um den Krieg fortführen zu können - doch der Präsident musste im eigenen Land eine andere Rechnung aufstellen.

CNN Umfrage

In der jüngsten Umfrage von CNN sprechen sich 74 % der Amerikaner für einen Abzug aus Afghanistan aus, entweder teilweise oder vollständig. Dieser Art von Zahlen schenken Politiker Beachtung.

«Im Kongress herrscht beträchtliche Skepsis in Bezug auf diesen Krieg und unseren Einsatz», so der Verteidigungsminister Robert Gates. «Es gibt grosse Zweifel innerhalb der Bevölkerung, die nach zehn Jahren kriegsmüde ist. Natürlich muss der Präsident diese Gesichtspunkte in Betracht ziehen.»

Denn trotz der Taliban, die immer noch unbesiegt und unbeugsam sind, handelt es sich bei Afghanistan um einen Krieg, der pro Woche zwei Milliarden Dollar verschlingt, und hinter dem inzwischen nicht mehr viele Amerikaner stehen.

Jonathan Mann - POLITICAL MANN


Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «Political Mann» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.

 


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