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Kiew - spannend uncharmant

Kiew spielt an der EM eine Hauptrolle. Admir Mehmedi weiss ziemlich genau, wie das Leben in der ukrainischen Metropole funktioniert. Für den Dynamo-Stürmer ist die Stadt im Ostblock nicht unkompliziert, aber durchaus empfehlenswert.

bg / Quelle: Si / Donnerstag, 31. Mai 2012 / 12:14 h

Am 1. Juli pumpt das Herz der Ukraine für ganz Fussball-Europa. Der Final der EM-Endrunde wird in Kiews ultra-modernem Olympia-Stadion ausgetragen. Admir Mehmedi weiss inzwischen über jede Nische in der prächtigen Arena Bescheid. In der grössten und zumindest politisch wichtigsten Stadt des Landes ist der 21-Jährige seit vergangenem März beheimatet. Der Schweizer Nationalspieler legt für die osteuropäische Metropole ein gutes Wort ein: «Die Pärke und Kirchen sind wunderbar. Übers Wochenende werden die grossen Strassen gesperrt, damit die Leute flanieren können.» Speziell sind die zahlreichen renovierten Ladenpassagen im Untergeschoss der alten Gebäude. Das Bild der City hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Das Baugewerbe boomte. Gegen drei Millionen Menschen bewohnen die Industrie-Kapitale mittlerweile.

Chaos wie in Rom

Die Lebensform «Dolce far niente» wurde nicht in Kiew entworfen. Die Bedingungen sind hart. Für Charme-Offensiven sind andere zuständig. Und das Schroffe im Alltag färbt auf die Bewohner ab. Grosse Emotionen seien nicht spürbar, hat Mehmedi festgestellt. Seinen eher uncharmanten Lebensmittelpunkt im Osten empfindet der Zürcher trotzdem als sehr angenehm: «Wer das Problem nicht sucht, der hat hier auch keines.» In einem Punkt sei Kiew aber durchaus mit einer mediterranen Stadt wie Rom zu vergleichen: «Der Verkehr ist chaotisch!» Aber auch dieses Problem würden die Einheimischen bis zum Start der EM wohl in den Griff bekommen, denkt Mehmedi.



Für die Euro 2012 gerüstet: Kiew lebt für den Fussball. /

Das Interesse und die Euphorie für den Besuch der internationalen Fussball-Prominenz sei greifbar: «Überall hängen Plakate. Konzerte finden statt. Der Stolz ist spürbar, aber auch der Druck, alles richtig zu machen während der EM.»

Keine Nummer 2

Mit einem der wichtigsten EM-Botschafter hat Mehmedi täglich beruflich zu tun: Andrej Schewtschenko trägt wie er das Trikot von Dynamo Kiew. Die nationale Sport-Ikone kam in den letzten Wochen wieder in Fahrt. «Er steht pausenlos im Mittelpunkt. Jeder will etwas von Sheva. Da ein Foto, dort ein Autogramm, ein Interview.» Mehmedi schätzt seinen Captain: «Er ist ein guter Typ ohne Starallüren.» Acht weitere «Dynamos» gehören zum Kader des EM-Mitorganisators. Kiew steht nicht nur deshalb an der Basis der ukrainischen Föderation. In der grosszügigen Akademie wird auf Nachwuchsebene an der Zukunft des Nationalteams gearbeitet. Schachtjor Donezk hat derzeit (noch) mehr Geld im Schrank und stemmte zum dritten Mal in Serie den Meisterpokal in die Höhe, die Tradition hingegen beansprucht Kiew uneingeschränkt für sich. «Kiew lebt für den Fussball. Viele andere erfolgreiche Sportarten gibt es hier nicht. Die Nummer 2 ist für diese Stadt deshalb eigentlich keine Option. Das muss sich wieder ändern.» Mehmedi hat das Prinzip des Vereins ziemlich schnell verstanden und verinnerlicht. 40'000 bis 50'000 Zuschauer interessieren sich an den Heimspielen dafür, ob er und die anderen Professionals die Ansprüche zu erfüllen vermögen. Für einen «Meister der Herzen» eignet sich der eher unterkühlte Standort nicht.

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