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Falsch - falscher - News

«Barack Obama wurde gewählt, um Kriege zu beenden. Nun wird er wohl in den Krieg ziehen müssen. Die tragische Geschichte eines US-Präsidenten, der sich verplappert hat.» Diese Zeilen von Nicolas Richter in der Süddeutschen vom heutigen Tag sind paradigmatisch für fehlgeleitete politische Berichterstattung.

Regula Stämpfli / Quelle: news.ch / Dienstag, 10. September 2013 / 11:04 h

Schon der erste Satz schreit nach Widerspruch. «Wurde Obama wirklich gewählt, um Kriege zu beenden?» Nein. Er wurde gewählt, weil er «Change» versprach. Geschickt appellierte er an die Phantasien der amerikanischen Wählerinnen und Wähler, die «Change» auf sich projizieren konnten, ohne zu merken, welch übles Spiel mit ihnen gespielt wurde. Dass Obama mit «Change» nur die Veränderung seines Einkommens und den Wohnsitzwechsel seiner Familie meinte, wurde erst nach ein paar Monaten Obama-Amt offensichtlich. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt - deshalb wurde Barack Obama auch mit «Hope» wiedergewählt. Dann der zweite Satz des zitierten Ausschnitts der Süddeutschen: «Nun wird er wohl in den Krieg ziehen müssen.» Falsch. Barack Obama wird der Letzte sein, der jemals in einen Krieg zieht. Schliesslich schickt er zuerst alle anderen vor. Dritter Satz: «Die tragische Geschichte eines US-Präsidenten, der sich verplappert hat.» Nicolas Richter meint hier den amerikanischen Präsidenten als tragische Figur. Jedes Loch im Emmenthaler Käse ist wahrhaftiger als dieser Satz: Denn nicht Obama ist tragisch, sondern die Welt unter Obama. Je wichtiger ein politisches Thema, je brisanter, je entscheidender die Konsequenzen für die entsprechenden Machthaber, umso personalisierter die Kommunikation darüber mit dem paradoxen Resultat: Das Thema wird entpolitisiert und die verantwortlichen Täter bleiben und werden befördert. Die Personalisierung der Politik ist eine eigentliche Porno-Strategie. Es wird solange gestöhnt bis es nichts mehr zu Stöhnen gibt. Erinnern Sie sich noch an den Ausschnitt und dessen Dirndl-Sabberei vom FDP-Vorsitzenden Rainer Brüderle? Richtig. Hashtag «Aufschrei» hilft zwar jeder Frau über Sexismus, oft auch über die bösen Männer zu klagen, doch Merkel wurde dadurch von jeder Sexismusdiskussion in ihrem Gruselkabinett entbunden.



Nicht Obama ist tragisch, sondern die Welt unter ihm. /

Ebenso bleibt die Machtverteilung, welche den Sexismus auch unabhängig von Geschlecht hervorbringt, verschwiegen. Doch hoppla: Wenn indessen einmal das Persönliche, wie beispielsweise die Kleidung, wirklich zu beachten und zu interpretieren wäre, dann herrscht Schweigen. Wie letzten Samstag anlässlich 125 Jahre Sozialdemokratie in der Schweiz geschehen. Da treten Alain Berset im Smoking und Simmonetta Sommaruga im Abendkleid auf, spielen vierhändig am Flügel sitzend einen Hollywoodschinken nach dem anderen und alle klatschen frenetisch. Es gibt einen Zusammenhang von Signifikat und Signifikantem. An der 125-Jahr-Feier für eine Partei, deren anständigste Menschen aktuell und in der Vergangenheit immer wieder von Smoking- und Abendkleidträgern entsorgt werden, eventuell nicht unbedingt Smoking- oder Abendkleid zu tragen, fiel Niemandem ein. Hätten Berset und Sommaruga indessen Militäruniformen getragen, wäre eventuell ein Raunen zu vermerken gewesen. Doch wer denkt bei den marodierenden Anzug-, Smoking- und Abendkleidtragenden schon an Uniformen, tss, tsss, tsss! Wo kämen wir denn da hin, wenn wir plötzlich von der Form auf den Inhalt und vom Inhalt auf die Form in einer kritischen Debatte über Illusion und Wirklichkeit landen würden! Sie sehen: Von Barack Obama bis zum Smoking Bersets gibt es kommunikative Zusammenhänge. Mehr und mehr sind politische Informationen so klischiert und verfehlt gestrickt, dass kein wahrhaftiger Kontext mehr zustande kommt. Wenn Barack Obama ausgerechnet am Beispiel der Chemiewaffen für einen Einsatz in Syrien plädiert mit den Worten: «Der Kongress soll auferstehen für eine Welt, in der wir leben möchten, eine Welt, wie wir sie unseren Kindern hinterlassen möchten», dann ist das schon Hardcore-Polit-Porno. Denn noch mehr Politik oder gar Demokratie simulieren geht fast nicht mehr. Die obszöne Wahrheit könnte nämlich auch ganz anders lauten. Nämlich dass Obama am Beispiel Syrien zeigt, dass Chemiewaffen im Krieg inakzeptabel sind, während beispielsweise der breite Einsatz von Chemie, direkt in den Körper der Menschen verfrachtet werden kann - zb. in Form von Ritalin. Das ist durchaus akzeptiert. Bei beiden Einsätzen lässt sich für ähnliche Gruppen Geld verdienen. Vielleicht wäre es Zeit, mal darüber zu schreiben.

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