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Zahl der Wildbienen in der Schweiz schwindet

Bern - Sie heissen Masken-, Zottel-, Woll- oder Schmuckbienen, oder auch Blattschneide-, Furchen- oder Kuckucksbienen. Wildbienen vollbringen bis zu zwei Drittel der Bestäubungsarbeit in der Landwirtschaft. Doch ihre Zahl schwindet, auch in der Schweiz.

bert / Quelle: sda / Freitag, 17. April 2015 / 12:19 h

Wildbienen sind oft stark auf bestimmte Nahrungspflanzen und Nistplätze spezialisiert. Manche brüten nur in Schneckenhäusern, andere in Mauern, Pflanzenstängeln und Erdröhren - oder gar in fremden Nestern. Dies macht sie empfindlich auf das immer raschere Verschwinden von vielfältigen Lebensräumen.

Wildbienen sind sprichwörtlich fleissig: Um eine Hektare Apfelplantage zu bestäuben, sind mehrere zehntausend Honigbienen-Arbeiterinnen nötig - aber nur einige Hundert Weibchen der Gehörnten Mauerbiene, wie der Biologe und Bienenkenner Andreas Müller in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift «Ornis» des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz schreibt.

Einer britischen Untersuchung zufolge bestäubten Honigbienen im Jahr 2007 nur ein Drittel der dortigen landwirtschaftlichen Kulturen - den Rest erledigten Wildbienen und Hummeln. Letztere besuchen zudem viele bei Honigbienen unbeliebte Pflanzen und fliegen oft auch bei schlechterem oder kühlem Wetter aus.

80 Prozent aller in der Schweiz heimischen Pflanzen sind auf Bienen zur Bestäubung angewiesen. Kein Wunder, macht ihr Verschwinden nicht nur Naturschützern, sondern auch Landwirten Sorge.

«Vegetarische Wespen»

Bienen entstanden, als urzeitliche Grabwespen begannen, ihre Gelege mit Pflanzenpollen statt mit getöteten Beutetieren zu verpflegen. Bienen seien also quasi «vegetarische Wespen», erklärt Müller. Dies löste einen Schub der Artenvielfalt bei Blütenpflanzen aus, und auch die Bienen spezialisierten sich immer mehr.

So gibt es heutzutage etwa 230'000 Blütenpflanzen und etwa 20'000 Bienenarten; in der Schweiz sind es rund 600. Manche können sich nur von einer einzigen Pflanze ernähren: Die Natternkopf-Mauerbiene besucht ausschliesslich den Natternkopf und nistet in Löchern in totem Holz. Liegen beide nicht benachbart, hat die Biene ein Versorgungsproblem: 40-mal muss sie hin- und herfliegen, um eine einzige Brutzelle zu füllen.

Wie der Kuckuck

Es muss auch genug dieser Blüten geben: Die Garten-Wollbiene muss pro Saison 1000 Blüten des Aufrechten Ziests besuchen, um einen einzigen Nachkommen zu erzeugen.



Eine Blattschneiderbiene. /

Ähnlich arbeitsam ist die Schwarze Mörtelbiene, die nur die Futter-Esparsette besucht.

Die Faulsten unter den Bienen sind die Kuckucksbienen, zu denen ein Viertel aller in der Schweiz vorkommenden Wildbienen gehören: Sie legen ihre Eier in die bereits gemachten Brutzellen anderer Wildbienen. Die Larve tötet die Wirtslarve und frisst deren Nahrungsvorrat auf. Die meisten Kuckucksbienen sind stark auf wenige Wirte spezialisiert und sterben unter Umständen zusammen mit diesen aus.

Jede zweite Art bedroht

Dieses Schicksal droht in Mitteleuropa je nach Region zwischen 38 und 68 Prozent der Wildbienenarten. In der Schweiz sind gemäss der inzwischen veralteten Roten Liste von 1994 rund 45 Prozent gefährdet, 10 Prozent sind bereits im letzten Jahrhundert verschwunden.

Zum Nisten nutzt ein Fünftel der Arten in der Schweiz bestehende Hohlräume wie Insektenfrasslöcher in totem Holz. Einige ziehen Erd- oder Felsspalten vor, andere nisten einzig in leeren Schneckenhäusern. Schwer haben es auch die Bewohner abgestorbener Pflanzenstängel, wenn diese zu früh abgemäht werden.

Futter und Nistplätze finden die Bienen deshalb nur in einer naturnahen Umwelt. Ihnen liesse sich durch das Anlegen blütenreicher Wiesen etwa an Strassenrändern und Böschungen helfen, in denen es auch Nistplätze oder -hilfen gibt, schreibt Müller.

Manchmal werden verlorene Arten aber auch wiederentdeckt - so im letzten Jahr eine seit 130 Jahren verschollene Kegelbienenart. 2002 wurde am Alpstein sogar eine ganz neue Mauerbienenart identifiziert. Eine Aktualisierung der Roten Liste soll Aufschluss über den Zustand der Bienenpopulation geben. Sie wird derzeit vorbereitet und vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) finanziert.

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