In dem morgen, Donnerstag beginnenden zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres ist Woods in doppelter Hinsicht der Titelverteidiger. Er will als erster Golfer seit seinem Landsmann Curtis Strange (1988/1989) zweimal nacheinander die Offene Meisterschaft des amerikanischen Golfverbandes (USGA) gewinnen. Und er will seinen Triumph von 2002 wiederholen, als das US Open letztmals auf dem berüchtigten, schweren «Bethpage-Black»-Kurs in Farmingdale stattfand.
Die Szenen vom Juni 2008 sind für die Golffans unvergesslich. Tiger Woods musste nach langen Abschlägen immer wieder sein Gesicht vor Schmerzen verziehen. Auf dem 18. Green der regulären Schlussrunde rettete er sich mit einem langen, schier unmöglich scheinenden Putt ins Stechen. Die Zusatzrunde am Montag ergab immer noch keinen Sieger, bevor Woods am 19. Loch des Stechens, am insgesamt 91. Loch, seinen wenig bekannten Landsmann Rocco Mediate niederrang. Woods unterzog sich nur zwei Tage später einer erneuten Arthroskopie und meldete sich für ein Dreivierteljahr vom Wettkampfgolf ab.
Das Comeback plante Woods minutiös und ohne Hast.
Seit Mitte März wieder auf den Golfplätzen der Welt unterwegs: Tiger Woods. / Foto: EQ Images
Als er Mitte März auf die US PGA Tour zurückkehrte, war er bereits in blendender Verfassung. Schon Ende März siegte er bei seinem erst zweiten Turnierinsatz in Orlando. Mittlerweile steht Woods mit zwei Siegen an dritter Stelle der amerikanischen Preisgeld-Jahresrangliste, obwohl er nur sieben Mal spielte -- rund halb so oft wie seine Konkurrenten. Die Vorbereitungen auf das US Open schloss er Anfang Juni mit dem grösstmöglichen Motivationsschub ab, dem Sieg am Memorial Tournament von Gastgeber Jack Nicklaus in Dublin (Ohio).
Ebendieser Jack Nicklaus hat als bislang erfolgreichster Golfer der Geschichte zwischen 1962 und 1986 den Rekord von 18 Grand-Slam-Titeln aufgestellt. Am Sonntag könnte sich Woods dieser Marke bis auf drei Siege nähern -- und er könnte wieder einen Sieg «vorlegen» im Golf/Tennis-Vergleich mit seinem persönlichen Freund Roger Federer, der ihn mit dem jüngsten Triumph am French Open eingeholt hat.
Das US Open 2002 gewann Woods mit drei Schlägen Vorsprung auf Phil Mickelson, mit dem er sich seither an Major-Turnieren ein Duell auf höchstem Niveau liefert (ab 2004 drei Siege für Mickelson, sechs für Woods). Mickelson wurden in den letzten Wochen die grössten Sympathien zuteil. Bei seiner Gattin Amy wurde im Mai Brustkrebs festgestellt, nach einer Pause spielt Mickelson nun sein zweites Turnier.
Die Organisatoren des US Open haben für die ersten zwei Tage äusserst attraktive Gruppen zusammengestellt. Woods spielt mit dem Iren Padraig Harrington und dem Argentinier Angel Cabrera; diese drei vereinen die letzten vier Major-Titel auf sich (Woods: US Open; Harrington: British Open und US PGA Championship; Cabrera: US Masters). In einem anderen Spitzenflight misst sich Mickelson mit den Südafrikanern Retief Goosen (US-Open-Sieger 2001 und 2004) und Ernie Els (US-Open-Sieger 1994 und 1997). Eine Gruppe der aufstrebenden Youngsters bilden die US-Golfer Anthony Kim und Dustin Johnson sowie der Nordire Rory McIlroy (u.a. Zweiter des letztjährigen European Masters in Crans-Montana).
