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Gaddafi-Affäre: Genf fühlt sich vom Bund alleine gelassen

Bern - Der Kanton Genf fühlt sich vom Bund in der Affäre Gaddafi im Stich gelassen. Ohne ihn im Voraus informiert zu haben, überlasse die Eidgenossenschaft den Entscheid über Schuld oder Unschuld einem ausländischen Schiedsgericht, moniert der Staatsrat.

fest / Quelle: sda / Freitag, 21. August 2009 / 10:40 h

Der Kanton Genf habe mit der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) Kontakt aufgenommen, um die Unterstützung der Kantone zu erhalten in einem Prozess, in dem der Bund ihn alleine lasse, schreibt die Staatskanzlei in einem Communiqué. Dass das Abkommen das Recht, die «Schuldigen» bei den Genfer Behörden und bei der Genfer Polizei zu bestimmen, einem ausländischen Schiedsgericht überlasse, beunruhige den Staatsrat. Dieser werde sich gegen jedes Handeln zur Wehr setzen, das nicht streng die durch die Genfer Staatsverfassung garantierten individuellen Freiheiten respektiere.

Polizei und Justiz in Schutz genommen

Der Staatsrat stellte sich im Communiqué zudem vollumfänglich sowohl hinter die Genfer Justizbehörden als auch hinter die Genfer Polizei. Diese hätten ihre Entscheidungen unter Beachtung des Genfer Rechts und in vollster Unabhängigkeit getroffen. Im Communiqué gibt der Staatsrat zudem seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Abkommen bald die Befreiung der beiden Schweizer Geiseln ermögliche.

Dick Marty: Irritiert und erleichtert zugleich

Mit Irritation, aber auch Erleichterung nimmt Dick Marty, der Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Ständerates, das Abkommen der Schweiz mit Libyen zur Kenntnis. Die Schweiz habe kapitulieren müssen und wurde aus seiner Sicht gedemütigt. «Die Schweiz musste sich für etwas entschuldigen, für das es keinen Grund gab», sagte der Tessiner FDP-Ständerat auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Damit seien Grundsätze verletzt worden - etwa den der Gleichbehandlung. «Hannibal Gaddafi hatte keinen Diplomatenstatus bei der Verhaftung», hielt Marty fest.



Der Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK) Dick Marty freut sich trotzdem über die Konfliktlösung. /

Die Schweiz akzeptierte im Abkommen das Gegenteil.

Erleichtert

Er sei aber auch erleichtert über das Ende der Krise. «Die Situation war zuvor blockiert und die Schweiz hat alles versucht, um sie zu lösen.» Erleichtert sei er auch darüber, dass die beiden festgehaltenen Personen - «Geiseln» - frei kommen sollen. Sie seien im höchsten Grade ungerecht behandelt worden. Unverständnis zeigte Marty aber dafür, dass die beiden Personen nicht mit Bundespräsident Hans-Rudolf Merz in die Schweiz ausreisen konnten. «Da hätte die Schweiz nicht nachgeben dürfen.» Wären die Geiseln sofort freigekommen, hätte er den Vertrag besser verdauen können, sagte Marty.

APK-Präsident schweigt

Nicht zum Inhalt des Abkommens äussern wollte sich Geri Müller, der Präsident der APK des Nationalrates. Dazu sei die Situation zu heikel, da der Prozess noch nicht abgeschlossen sei, sagte der Aargauer Nationalrat auf Anfrage. Er spricht damit vor allem die Tatsache an, dass die beiden festgehaltenen Personen weiterhin nicht zu Hause sind. «Das wichtigste ist, dass die beiden Schweizer zurückkehren können.» Sobald dies geschehen sei, lasse sich die Situation besser analysieren.

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