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Rote Karte und rote Schweizer Köpfe

Der nicht vertretbare Ausschluss von Valon Behrami war nach dem 0:1 gegen Chile das Hauptthema im Team der frustrierten Schweizer. Coach Ottmar Hitzfeld, aufgebracht wie kaum je zuvor, sprach dem schwachen Referee das WM-Format ab.

Sven Schoch, Port Elizabeth / Quelle: Si / Dienstag, 22. Juni 2010 / 00:00 h

Eine neue Minarett-Debatte hat Khalil Al Ghamdi, der einzige WM-Teilnehmer aus Saudi-Arabien, in der Schweiz vermutlich nicht ausgelöst. Aber ganz sicher eine flächendeckende Schiedsrichter-Diskussion. Der 39-jährige Lehrer aus Jeddah trieb mit seiner unnötigen Kartenflut (neun gelbe und eine rote) die gesamte Schweizer Equipe zur Weissglut. In der Mixed-Zone stellte sich Valon Behrami ohne ein Zögern hin und sprach über diese «unverständliche, ja kaum zu akzeptierende» rote Karte. «Ich habe ihn leicht berührt. Aber er (Vidal) ist ein physischer Spieler und fiel sofort. Das ist unglaublich.» Er habe sich bei der Equipe trotzdem entschuldigt. «Aber Hitzfeld sagte mir, ich müsse mich nicht entschuldigen.»

Schnaubender Hitzfeld

Der Schweizer Coach, üblicherweise fast immer kontrolliert und mit einem Poker-Face am Spielfeldrand, suchte bei der öffentlichen Analyse der entscheidenen Szene nicht lange nach freundlichen Worten: «Die einen sollten auf dem Platz pfeifen und andere am Strand. Für seine Aktion hätte man Behrami nicht einmal mit Gelb bestrafen dürfen.» Hitzfeld schnaubte vor Wut.

Im Lager der Schweizer hielt (fast) keiner der Beteiligten seinen Zorn über den in mancher Szene überforderten Spielleiter zurück. Nicht nur Hitzfeld sprach Klartext. Auch Tranquillo Barnetta streifte seine Zurückhaltung ab: «Heute sah man kein Fussballspiel.



Im Zentrum der Kritik: Schiedsrichter Khalil Al-Ghamdi. /

Der Schiedsrichter verpfiff alles total. Valon versucht nur, den Gegner von sich zu halten.»

Vidal: «Gelb hätte genügt»

Auch Arturo Vidal wurde heftig kritisiert. «Ich kenne Arturo ja, er fällt gerne mal schauspielerhaft. Er hätte das eigentlich gar nicht nötig.» Der Schiedsrichter sei leider auf diese Einlage reingefallen, ärgerte sich Barnetta über den Pfiff und seinen Leverkusener Teamkollegen. «Aber auch der Rest, den er gepfiffen hat, war lächerlich.» Selbst das «Opfer» Vidal zeigte sich überrascht: «Gelb hätte genügt.»

Nicht weniger pointiert als Barnetta äusserte sich Stephan Lichtsteiner. Er ist sich im Serie-A-Alltag in Rom anderes gewohnt. «Das Problem ist doch, dass sie hier auf die Farbe der Socken und Hosen schauen, und dann auf dem Platz sind sie nicht bereit.» Jede Berührung habe der kleinliche Saudi unterbunden. Lichtsteiners Halsschlagadern schwollen auch eine halbe Stunde nach dem letzten Pfiff noch an. «Warum ist ein solcher Schiri überhaupt an der WM?»

Saudi-League

Die Schweizer sprachen in ihrem grenzenlosen Frust aus, was zahlreiche Vertreter anderer Nationen an dieser WM auch schon dachten: Zu viele Referees kommen aus Ländern, die im internationalen Fussball nicht eine marginale Rolle, sondern gar keine spielen. Al Ghamdi beispielsweise leitet im Normalfall Partien der «Saudi League», die eher dritt- als zweitklassig ist.

Für den Bundesliga-Professional Barnetta besteht auf höchster FIFA-Ebene Handlungsbedarf: «Man müsste sich überlegen, ob man nicht aus jenen Ländern, in denen wöchentlich Topspiele stattfinden, mehr Schiedsrichter rekrutieren sollte. Heute war es doch einfach extrem.» Hitzfeld vertritt den selben Standpunkt: «Es gehören die besten Schiedsrichter der Welt an die WM.»


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