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Poker, Spiel und Behrami verloren

Ottmar Hitzfeld setzte gegen Chile auf zwei unglückliche Rückkehrer. Der eine, Behrami sah Rot, der andere, Frei, wurde noch vor der Pause ausgewechselt. 0:1 verlor die umformierte SFV-Auswahl. Die Rechnung des Coachs ging nicht auf.

Sven Schoch, Port Elizabeth / Quelle: sda / Dienstag, 22. Juni 2010 / 00:24 h

Valon Behrami faltete die Hände vor dem Gesicht. Der Tessiner mochte nicht fassen, was ihm widerfahren war. Ein Gerangel im Kampf um den Ball interpretierte der saudische Schiedsrichter Khalil Al Ghamdi als Tätlichkeit. Rot war hart, zu hart. Der frühere Top-Schiedsrichter und ZDF-Experte Urs Meier meinte gar, der Platzverweis sei nicht vertretbar, weil «kein Schlag» zu sehen war. Entsetzt und ausser sich vor Wut reagierte Hitzfeld auf den Entscheid des Referees. Die Zweikampfszene mit Behrami und Vidal hatte sich wenige Meter vor seiner Coachingzone abgespielt. So sehr sich der Mann aus Saudi-Arabien gerirrt hat, so sehr muss sich Behrami den Vorwurf gefallen lassen, relativ ungeschickt agiert zu haben. Mit seinen «Ruderbewegungen» provozierte er die fatale Konfrontation regelrecht.

Riskante Personalwahl

Während Tagen war über die Besetzung der Schweizer Formation debattiert worden. Würde Hitzfeld das ungeschriebene Gesetz brechen und ein Gewinner-Team verändern? Der Deutsche pokerte tatsächlich hoch. Barnetta und Derdiyok, zwei Sieger, fehlten aus taktischen Gründen, Captain Frei und Behrami, zwei, von denen zuletzt vor allem medizinische Bulletins veröffentlicht wurden, standen wieder auf dem Rasen.

«Es ist immer schwer, einen Spieler auf der Bank zu lassen.



Behrami kann's nicht fassen: Rote Karte! /

Für jene, die spielten, ist es aber noch schwerer, draussen zu bleiben», hatte Hitzfeld vor der Partie gegen die Chilenen und nach dem Triumph gegen den Europameister erklärt. Der Nationalcoach wählte die unangenehmere von zwei Varianten. Derweil die Mehrheit -- und wohl auch Chiles Trainer Bielsa -- mit einem Joker Frei spekulierte, sah Hitzfeld für den Topskorer eine Hauptrolle vor.

Ein profunder Kenner der Szene mit langjähriger eigener Erfahrung im Nationalteam wunderte sich über die «sehr mutige Personalwahl» Hitzfelds, die leicht zu Spannungen führen könne. Nach 31 Minuten hatten sämtliche Überlegungen keinen Wert mehr. Der zu harte Ausschluss von Behrami führte innerhalb von Sekunden zu einer völligen Neufassung des Konzepts.

0:1 nicht verkraftet

Freis Comeback dauerte ohne erhebliches eigenes Verschulden nur 42 Minuten lang, ehe er dem Mittelfeldspieler Barnetta weichen musste. Es war nicht der Abend der beiden Rückkehrer. Und ein zweites Mal hielt die Mauer dem Ansturm eines überlegenen Gegners nicht mehr stand. Bis zur 75. hielten die Abwehrkünstler das Unentschieden -- und neu den WM-Rekord ohne Gegentor. Dann durchkreuzte Mark Gonzalez mit dem 1:0 alle Pläne.

Das erste Gegentor nach 559 WM-Minuten verkrafteten die Schweizer nicht. Unter höchstem Druck und in Unterzahl gelang die sofortige Umstellung von der «Ultra-Defensive» zum bedingungslosen Angriffsspiel nicht. Die SFV-Auswahl verlor erstmals seit 1994 wieder eine Partie in der Gruppenphase -- und Ottmar Hitzfeld seinen hoch dotierten Poker.


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