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Tram und Velo erwachen in Europa

Gallisches Harmonium statt Autolärm: Viele europäische Städte machen vorwärts mit Fussgängerzonen und öffentlichem Verkehr.

Harald Tappeiner / Quelle: news.ch / Freitag, 27. August 2010 / 10:32 h

Wer vor Jahren in Frankreich einen Bahnhof verliess, sah sich meist mit schmutzigen und von Autolärm und Abgasen geplagten Plätzen konfrontiert, welche sich nur mühsam überqueren liessen. Der Traum vom gemütlichen Terrassenbistro mit klingenden Chansons im Hintergrund verflog oft allzu schnell. Mittlerweile haben sich die französischen Städte vom Saulus zum Paulus gewandelt. Vor der Bahnhofshalle in Strassburg präsentiert sich eine Fussgängerzone mit Grünfläche. Autofahrer müssen sich mit einer Fahrspur begnügen. In Strassburg wie neuerdings auch in Mulhouse sind Trams unterwegs.

Dasselbe Bild in Bordeaux: Der Bahnhofsplatz zeigt sich unerwartet gelassen. Man flaniert auf Kopfsteinpflaster. Nur die Tramlinie kreuzt den Platz vor dem ersehnten Café, wo sich gemütlich Zeitung lesen lässt.

Gute Noten für Juppé

Drei Tramlinien durchqueren das umfangreiche Vieille Ville der Wein-Hauptstadt, welches berechtigterweise mit Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde. Lanciert wurde das öffentliche Transportsystem unter dem gaullistischen Bürgermeister und Ex-Minister Alain Juppé, der dafür gute Noten von der Bordelaiser Bevölkerung erhält.



In Paris ist das Fahren mit den öffentlichen Velos en Vogue. /

„Juppé hat die Stadt dynamisch gemacht“, meinte etwa ein einheimischer Lehrer im Gespräch.

Auch stehen an jedem grösseren Platz haufenweise öffentliche Velos zur Verfügung, die für einen Euro pro Tag per Kreditkarte ausgeliehen und an jedem beliebigen Standort wieder eingeklinkt werde können. Das in Bordeaux bei Bewohnern wie auch Touristen beliebte System ist freilich nicht ganz ohne Tücken. Es kann nämlich durchaus sein, dass an gewissen Zeiten sämtliche Stationen in der Altstadt mit Velos belegt sind, das Velo zurückzubringen wird schwierig. Ein Veloschloss mitzunehmen empfiehlt sich also. Das Depot beträgt 200 Euro.

Renaissance der Strassenbahn

Öffentliche Velos sind in fast allen grösseren französischen Städten ausleihbar wie etwa in Paris, Lyon, Montpellier und sogar in Marseille. Überhaupt wird die Grand Dame am Mittelmeer tüchtig herausgeputzt. In der heruntergekommenen einstigen Prachtsstrasse La Canebière fährt seit 2007 ein Tram und das unsichere Marseiller Pflaster wurde in eine Fussgängerzone umgewandelt.

Die Strassenbahnen erleben in vielen europäischen Städten momentan eine eigentliche Renaissance, nachdem sie in der zweiten Hälfte 20. Jahrhunderts von Stilllegungen bedroht waren. Städte wie Dublin oder Mailand sind seit kurzem wieder gut mit dem Tram erschlossen, Touristen wie Bewohner freuts: Die Innenstädte sind mittlerweile meist ruhiger als die Ortschaften rundherum, wo sich noch immer lärmende Blechlawinen durch Häuserschluchten drängen. Dort sind neue Lösungen gefragt.

 


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