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Bundesrat ruft Ventilklausel für alte EU-Länder an

Bern - Die Ausweitung der Ventilklausel auf alle EU-Staaten löse die Probleme durch die steigende Einwanderung nicht. Darin herrscht in den Reaktionen auf den heutigen Bundesratsentscheid seltene Einigkeit. Auch seitens der EU in Brüssel wird die Massnahme bedauert.

hä / Quelle: sda / Mittwoch, 24. April 2013 / 16:08 h

Laut der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton profitieren sowohl die Schweiz wie auch die EU von der Personenfreizügigkeit. «Ich bedauere die heutige Entscheidung der Schweizer Regierung, die Beschränkungen des freien Personenverkehrs auf EU-Bürger anderer Mitgliedstaaten auszudehnen», liess Ashton am Mittwoch in einem Communiqué verlauten. Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse zeigte Verständnis für den Bundesrat. Offenbar nehme dieser - wie auch die Wirtschaft - das Unbehagen in der Bevölkerung über die gestiegene Zuwanderung ernst. «Der tatsächliche Effekt wird aber nicht sehr stark sein», sagte Jan Atteslander, Leiter Aussenwirtschaft, der sda. Wichtig sei, dass Bundesrat, Kantone und Wirtschaft hinter der Personenfreizügigkeit stünden. Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) löst die Ventilklausel die Probleme der Erwerbstätigen nicht. Laut SGB-Sprecher Thomas Zimmermann ist die Kontingentierung in besonders heiklen Bereichen wirkungslos.

Angst vor zunehmender Bürokratie

Auch der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) bedauert die Anrufung der Schutzklausel für alle Länder der Europäischen Union (EU). SAV-Direktor Thomas Daum hofft, dass diese Massnahme nicht zu grosse bürokratische Folgen hat. Travail.Suisse ist ähnlicher Meinung. «Diese Klausel dürfte kaum Wirkung entfalten», teilte der Dachverband mit. Vielmehr müsse der Bundesrat gegen Mindestlöhne in Tieflohnbranchen vorgehen und die Beschäftigung von inländischen Erwerbspersonen fördern. Die Unia forderte «wirksame Massnahmen statt Placebo-Politik».



Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, die Ventilklausel für diese Staaten zu aktivieren. (Symbolbild) /

Branchenverbände warnen

Beim Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) sind die Meinungen zur Anrufung der Ventilklausel geteilt. Die einen befürworten den Signalentscheid des Bundesrat, die anderen warnen vor dem Wegfall von notwendigen Fachkräften. Der Branchenverband GastroSuisse sieht durch die Anrufung der Ventilklausel dagegen nur Nachteile. Das Gastgewerbe rekrutiere viele Fachkräfte aus dem Ausland, die nun fehlen könnten, sagte Hannes Jaisli, Leiter Wirtschaft und Recht.

«Fehlentscheid» für Levrat...

Die SP und die Grünen kritisieren die vom Bundesrat beschlossene Anrufung der Ventilklausel. «Es ist ein Fehlentscheid, die Massnahme ist wirkungslos», sagte SP-Parteipräsident Christian Levrat vor den Medien in Bern. «Der Bundesrat sollte lieber bei den konkreten Massnahmen ansetzen, dort wo es Probleme gibt, zum Beispiel auf dem Wohnungsmarkt, bei der Infrastruktur und in der Bildung.» Gemäss der Grünen ist die Ventilklausel ein Placebo und führt zu Spannungen mit der EU. Der Entscheid sei eine falsche Symbolpolitik.

...«vertrauensbildende Massnahme» für Darbellay

Für die FDP und die CVP ist der Bundesrat mit der Anrufung der Ventilklausel konsequent und hat seine Versprechen eingehalten. «Es ist ein guter, mutiger Entscheid, eine vertrauensbildende Massnahme», sagte CVP-Präsident Christophe Darbellay. Für FDP-Präsident Philipp Müller ist die Landesregierung mit der Anrufung der Ventilklausel gegenüber dem Volk glaubwürdig und konsequent geblieben. SVP-Präsident Toni Brunner sprach von einem halbherzigen Entscheid. Die Anrufung der Ventilklausel sei eine Selbstverständlichkeit, aber leider sei der Bundesrat nicht konsequent, weil er die Kurzaufenthalter nicht begrenze. Die BDP begrüsste den Entscheid. Eher skeptisch äusserte sich der Präsident der Grünliberalen, Martin Bäumle.

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