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«Ich brauche den Druck»

Die 800-m-Läuferin Selina Büchel hat schon oft bewiesen, dass sie auf den Punkt genau fit ist. Deshalb gehört sie an den Europameisterschaften in Zürich zu den Hoffnungsträgerinnen im Schweizer Team.

bg / Quelle: Si / Dienstag, 12. August 2014 / 10:07 h

In der Meldeliste nimmt Büchel Rang 14 ein. Von daher wäre bereits der Einzug in die Halbfinals, den 16 Läuferinnen erreichen, ein Erfolg. Die 23-jährige Toggenburgerin hat sich jedoch den Final (Top 8) zum Ziel gesetzt. Diese Vorgabe scheint bei ihrer ersten Teilnahme an Elite-Europameisterschaften durchaus realistisch. Büchel bewies schon mehrmals, dass ihr internationale Meisterschaften liegen. Im vergangenen Jahr gewann sie an den U23-Europameisterschaften in Tampere (Fi) die Bronzemedaille, im März wurde sie an den Hallen-Weltmeisterschaften in Sopot ausgezeichnete Vierte. Der Exploit in Polen gab ihr «sehr viel Selbstvertrauen». Der Vorlauf in Sopot (den sie vor der späteren Weltmeisterin Chanelle Price gewann, Red.) sei wirklich ein unglaubliches Rennen gewesen. «Ich konnte mir nie vorstellen, dass ich so gut laufen kann. Das hat mir gezeigt, dass vieles möglich ist an Meisterschaften.»

Eigene Schmerzgrenze ausschalten

Wie erklärt sie sich ihre Stärke in wichtigen Wettkämpfen? «Es ist schon immer so gegangen. Ich musste mir gar nicht mehr zu viele Gedanken machen. Ich brauche den Druck. Über 800 m muss man die eigene Schmerzgrenze ausschalten, und das kann ich in einem wichtigen Wettkampf komplett. Dann bin ich so konzentriert auf meine Aufgabe, dass ich gar nicht mehr spüre, wie müde meine Beine sind», so Büchel. In Meetings dagegen bekundet sie manchmal Mühe, die Spannung hinzubekommen, um gut laufen zu können.

Den Trainingsumfang hat sie im Hinblick auf Zürich nur leicht erhöht, so wie es die langfristige Planung vorsieht. «Man kann nicht plötzlich etwas ganz anderes machen, weil es eine Heim-EM ist», so Büchel. Allerdings reduzierte sie vor zwei Jahren ihr Pensum als Raumplanungszeichnerin auf 50 Prozent, in den letzten drei Monaten arbeitete sie gar nur 20 Prozent, damit sie zwischen den Wettkämpfen mehr Zeit zur Erholung hatte.

Zuletzt gute Leistungen

Nach dem Grosserfolg in Sopot investierte die von Marlis und Urs Göldi betreute Büchel nochmals Zeit in einen Aufbau. Dadurch nahm sie es in Kauf, erst spät in Form zu kommen.



Selina Büchel peilt in Zürich den Final an. /

Geduld war gefragt. «Ich habe noch genügend Substanz, da ich in dieser Saison noch nicht lange auf dem aktuellen Level laufe. Ich glaube, dass ich bereit bin», so die Athletin des KTV Bütschwil.

Dass dem so ist, bewies Büchel in den letzten beiden Wettkämpfen. An den Schweizer Meisterschaften in Frauenfeld blieb sie über 400 m erstmals unter 55 Sekunden (54,78), Anfang Monat gelang ihr beim Sieg in Oslo über 800 m in 2:01,42 Minute eine persönliche Bestleistung im Freien - ihre Bestzeit in der Halle beträgt 2:00,93. Die gute Leistung war umso erfreulicher, zumal sie die erste Runde in zügigen 58 Sekunden passierte. «Es hat mir gut getan zu wissen, dass ich ein solches Rennen durchstehen kann», sagte Büchel.

Taktik wichtig

Die Anspannung bezeichnete sie als ähnlich wie bei dem Hallen-WM. «Es hat zwei Seiten. Einerseits ist der Wettkampf viel wichtiger. Andererseits fühlt man sich wohler, da alles bekannt ist», sagte Büchel. Das Letzigrund ist für sie wie ein Heimstadion. Im vergangenen Jahr startete sie bei «Weltklasse Zürich» im Hauptprogramm.

Auf die wichtigen Rennen pflegt sich Büchel jeweils akribisch vorzubereiten; sie studiert ihre Gegnerinnen genau. «Die Taktik spielt eine wichtige Rolle. Man muss immer wach sein. Es kann so viel passieren.» Und genau das fasziniert sie an den 800 m, wie auch das vielseitige Training, da die Disziplin eine Mischung von Ausdauer und Schnelligkeit ist.

Dreifachbelastung wäre kein Problem

Sollte Büchel ihr Ziel Final-Einzug erreichen, hätte sie erstmals eine Dreifachbelastung. Darin sieht sie aber kein Problem. "Ich habe mich immer sehr gut erholt. Das ist etwas, das mich bis jetzt an Meisterschaften ausgezeichnet hat." Sie tut allerdings auch viel für eine gute Erholung, nimmt beispielsweise ein Eisbad. Hat sie auch schon von einer Medaille geträumt? "Man träumt sicher auch mal davon, aber ich muss dennoch realistisch bleiben. Ich bin die Nummer 14 in der Meldeliste und bin doch noch sehr weit weg von einer Medaille."

 


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