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Reformstau und fehlende Schweizer Stars im Vorfeld

Die Europameisterschaften in Zürich boten ein tolles Sportfest, offenbarten aber auch (weiterhin ungelöste) Probleme. Die Leichtathletik läuft in der Gunst des Publikums anderen Sportarten hinterher.

bg / Quelle: Si / Montag, 18. August 2014 / 15:51 h

Patrick Magyar, der OK-Boss der EM 2014 im Letzigrund, und der Schaffhauser Hansjörg Wirz, der Präsident des europäischen Leichtathletik-Verbandes, zogen am Montag ein positives Fazit, bevor sie selbstkritische Töne anschlugen. «Über alles gesehen bin ich zufrieden», sagte Magyar, und Wirz fügte hinzu: «Ich bin glücklich über die Tage in Zürich.» Auch Zürich 14 kaschierte nicht, dass die olympische Kernsportart ein grundsätzliches Problem hat. «Bei uns kommt die Meisterschaft wie ein Vulkanausbruch. Wir haben nichts, das die Öffentlichkeit auf den Event vorbereitet», sagte Wirz. Der 71-Jährige sprach sich für Qualifikationssysteme für Titelkämpfe aus, um die Stimmung aufzubauen. Auch weiss er, dass die Wettkampf-Präsentation mit oft langatmigen Programmen und vielen Leerläufen überaltert ist.

Gesellschaftliches Phänomen

Nebst dem Reformstau mache der Leichtathletik auch ein gesellschaftliches Phänomen zu schaffen. «Ausser bei 'Must-Events', und das sind in der Regel Eintages-Anlässe, kaufen die Leute ihr Ticket immer später». Man warte bis im letzten Moment mit dem Kauf zu, um abzuschätzen, ob man für sein Geld auch ein gutes Produkt erhalte. Gemäss Wirz litt Zürich auch unter dem Umstand, «dass die Leichtathletik in der Schweiz über eine lange Phase trocken gelegt war». Ohne einheimische Stars werde eine Leichtathletik-EM nicht zum Selbstläufer. «Amsterdam 2016 hat mit den Erfolgen von Dafne Schippers nun eine Startrampe, die es zu nutzen gilt», fügte er hinzu.

Sportfans wurden nicht Leichtathletik-Fans

Patrick Magyar machen die leer gebliebenen Zuschauerränge im Letzigrund zu schaffen. «Wir werden wohl nie genau wissen, was wir hätten besser machen können», sagte er. Über die Preispolitik und die Art der Show-Events lasse sich diskutieren.



Patrick Magyar zieht ein positives Fazit der Leichtathletik-EM. /

Und sie hätten auch Wetterpech gehabt. Den Hauptgrund für die mangelhafte Auslastung sieht er in der fehlenden Begeisterung der Sportfans. «Es ist uns nicht gelungen, die Sportfans in Leichtathletik-Fans umzuwandeln.» Insbesondere im Mai und Juni hätten die Bemühungen, eine Begeisterung auszulösen, fehl geschlagen. Die Crew um Magyar war in dieser Phase auch Opfer der Qualität des Schweizer Teams, obwohl schon früh Förderprogramme für die heimischen Athleten umgesetzt worden waren. «Für den normalen Sportfan hat das Reisser-Potenzial des Schweizer Teams nicht gereicht.» Die Leichtathletik sei immer mehr abhängig von Einzelfiguren, Usain Bolt sei omnipräsent. Zu einem gewissen Teil litt die EM 14 auch unter dem Vergleich mit Weltklasse Zürich. «Unser Meeting ist in der Schweiz eine etablierte Marke», betonte Magyar. Dagegen lasse sich schwer ankommen. «Aber unser Einsatz hat sich gelohnt. Die Schweizer Leichtathletik steht wieder in einem viel besseren Licht.»

Digel nimmt OK in Schutz

Support erhielt Magyar vom anerkannten Sportfunktionär Helmut Digel, einem Mitglied im Council des Weltverbandes IAAF. «Das Letzigrund-Stadion ist wunderbar, Zürich eine fantastische Stadt», sagte der Deutsche gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. «Und dann kommst du hier her, und das Stadion ist nicht voll.» Die mangelnde Attraktivität könne man nicht Organisatoren wie jenen der EM in Zürich anlasten, sondern vor allem dem europäischen und internationalen Verband. «Wir haben die Modernisierung nicht geschafft», sagte Digel selbstkritisch. «Es wurde über Reformen diskutiert, und Vorschläge liegen auf dem Tisch. Die Debatten laufen schon mehr als zehn Jahre, umgesetzt wurde so gut wie gar nichts.» Der Anstoss zur Modernisierung müsse von der IAAF kommen, weil der Weltverband Hüter der Regeln sei.

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