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Sand (Teil 1): eine endliche Ressource

Sand ist der meist gebrauchte feste Rohstoff unserer Welt. Er findet sich in Beton, Glas, Computer-Chips, Putzmitteln, ja sogar in Zahnpasta. Doch die Sandvorkommen sind endlich: Was durch Verwitterung und Sedimentation während Jahrmillionen entsteht, baut der Mensch heute an Flussläufen und Küsten in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit ab.

Prof. Dirk Hebel / Quelle: ETH-Zukunftsblog / Donnerstag, 23. Oktober 2014 / 08:49 h

Sand ist der Megastar unseres industriellen und elektronischen Zeitalters - wir bauen förmlich auf ihn. Doch Sand ist nicht gleich Sand: Die Bauindustrie verlangt nach Korngrössen und rauen Formen, wie sie nur Sand in Flüssen, Seen und Meeren aufweist. Gebirge und Steinformationen verwittern seit Jahrmillionen zu Kies, Sand und Staub. Niederschläge tragen das Material dann über Wasserläufe in unsere Meere.

Unbrauchbarer Wüstensand

Sand besteht zumeist aus Quarz, einem Mineral aus Siliziumdioxid. Es ist eines der häufigsten Materialien an der Erdoberfläche und «härter» als Stahl. Genau diese Eigenschaft macht Sand so wertvoll für unsere Industrie. Ist er jedoch einmal als Aggregat etwa in Beton gebunden, kann er nicht mehr wiedergewonnen werden. Wüstensand auf der anderen Seite ist für den Bausektor (noch) ungeeignet: Steter Wind schleift die Körner glatt, was deren Reibungskapazität senkt - der Sand ist schlicht zu rund und fein.

Gigantisches Geschäft mit Wassersand

Daher wird Meeres- oder Flusssand mehr und mehr zu einer endlichen Ressource. Laut John Milliman baut die Menschheit zur Zeit doppelt so viel Sand ab wie durch alle Flüsse unserer Erde überhaupt getragen werden. Nach Angaben von SRF sind dies gigantische 15 Milliarden Tonnen pro Jahr, mit einem Handelsvolumen von 70 Milliarden US Dollar. Das United Nations Environment Program (UNEP) spricht sogar von 30 Milliarden Tonnen, die tatsächliche Zahl liegt wohl noch höher. 50 Prozent der Sande, die ursprünglich unsere Meere erreichten, werden heute schon auf dem Weg dorthin in Flussläufen abgegriffen. Die Schweiz, durch ihre geografische Lage an einer «Quelle» des Sandes gelegen, deckt fast 90 Prozent ihres Bedarfs von rund 40 Millionen Tonnen pro Jahr mit Sedimenten aus etwa 250 Kiesgruben.



Dirk Hebel ist Assistenzprofessor für Architektur am Singapore ETH Centre (SEC). / Foto: Dirk Hebel



Wir bauen förmlich auf Sand. / Foto: iStock



Wüstensand ist noch nicht nutzbar in der Bauindustrie. / Foto: Rosino Lizenz: CC BY-NC-SA-3.0



Industriell nutzbarer Sand wird knapp. Raubbau am Strand kommt immer häufiger vor. / Foto: Ryan Mcdonald Lizenz: CC BY-NC-SA-3.0

Doch wo hierzulande der Abbau akribisch und behördlich überwacht wird, bedienen sich andere Nationen und Gruppierungen skrupellos und un-nachhaltig.

Folgenschwerer Raubbau

Weltweit breiten sich immer drastischere Formen der Sandgewinnung aus. Strände an der Nordküste Afrikas werden illegal abgetragen (in Marokko sind es bereits 50 Prozent), Flüsse unkontrolliert ausgebaggert und der Meeresboden abgesaugt, was Landmassen nachrutschen und ganze Inseln verschwinden lässt. Die Folgen sind weit über das eigentliche Extraktionsgebiet spürbar und hinterlassen gravierende Schäden. Zu stark ausgebaggerte Flüsse in Indien, Thailand und Kambodscha senken ihren Wasserspiegel teils dramatisch, was traditionelle Siedlungen und Lebensweisen zerstört. Das Absaugen des Meeresbodens wiederum zerstört nicht nur die fragile Grundlage ganzer Ökosysteme - die aufgewühlten Sedimente werden von den Strömungen auch in weit entlegene Gebiete verfrachtet. Die Folgen des Sandabbaus könnten katastrophal sein und noch Generationen nach uns beschäftigen.

Mafiöse Machenschaften

Die Verknappung des Rohstoffs führt dazu, dass Sand vermehrt illegal abgebaut und gehandelt wird, insbesondere in Entwicklungsländern. Martialische Slogans wie «Sand-Kriege» oder «Sand-Mafia» machen die Runde. In Singapur ist diese Mafia besonders aktiv. Sand wird in Singapur sowohl für den Hochbau als auch für die Landgewinnung gebraucht. So hat sich der Inselstaat in knapp 100 Jahren flächenmässig um etwa 25 Prozent vergrössert. Die Exportbilanz der Anrainerstaaten und die Importbilanz Singapurs weisen jedoch grosse Lücken auf: Während Singapur offiziell von einem Import von 517 Millionen Tonnen in den letzten 20 Jahren spricht, geben die Nachbarländer einen Export von 637 Millionen Tonnen im gleichen Zeitraum an. Über 120 Millionen Tonnen Sand erreichten den Inselstaat wohl ohne offizielle Registrierung. Über die Herkunft des Materials machte man sich in Singapur wenig Gedanken, bis verschwindende indonesische Inseln zu politischen Spannungen und einem zumindest offiziell ausgesprochenen Exportstopp führten. Dem indonesischen Beispiel folgten auch Malaysia, Thailand und Vietnam. Seitdem liefert vornehmlich Kambodscha wohl illegal geschürften Sand aus seinen Flüssen.

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