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Liebe Katholiken, Huonder tritt nicht aus. Und Ihr? - ein offener Brief

Der Widerstand gegen Vitus Huonder nimmt zu. Viele Basismitglieder der Römisch-katholischen Kirche sind frustriert, Tausende haben Petitionen gegen den Bischof signiert oder auf der Strasse gegen ihn demonstriert. Doch weder handelt die Kirchenführung, noch wackelt Huonders Stuhl. Ein offener Brief soll die katholische Basis ermuntern, über ihre Beziehung zur Institution, die Huonder hervorbrachte und ihn weiterhin protegiert, nachzudenken.

Andreas Kyriacou / Quelle: news.ch / Donnerstag, 20. August 2015 / 09:00 h

Liebe Katholikin, lieber Katholik Wir gehen davon aus, dass Sie Homosexuellen nicht den Tod wünschen, und schon gar nicht der Meinung sind, dass diese umgebracht werden sollten. Und wahrscheinlich bezweifeln Sie, dass die blutrünstige Leviticus-Passage, die Bischof Vitus Huonder am 31. Juli am katholischen Kongress «Freude am Glauben» zitierte, Moses von Gott persönlich ins Ohr geflüstert worden war. Und dennoch, liebe Katholikinnen und Katholiken, Sie sind alle auch Huonder. Mit Ihrer Mitgliedschaft bei der römisch-katholischen Kirche stützen Sie das System, das Huonder hervorgebracht hat und das ihn weiterhin protegiert. Selbstredend gibt es wahrnehmbaren innerkatholischen Widerspruch gegen die Haltung Huonders. So haben etwa der Katholische Frauenbund, der Verband Katholischer PfadfinderInnen und andere kirchennahe Organisationen in einer gemeinsamen Medienmitteilung die Äusserungen von Vitus Huonder verurteilt. Dennoch: Mit Medienmitteilungen ist keine organisationsinterne Politik zu machen. Schon gar nicht im Fall Huonder. Proteste gegen ihn gibt es seit mehreren Jahren. Letztes Jahr verlangten 2000 Demonstranten in St. Gallen vom Vorsitzenden der Schweizerischen Bischofskonferenz, Markus Büchel, die Absetzung Huonders. Geschehen ist nichts.



Bischof Vitus Huonder: Weder Rücktritt noch Absetzung zu erwarten. /

Es geschah auch dieses Jahr nichts, als Huonder Pfarrer Wendelin Bucheli in den Senkel stellte, weil dieser ein lesbisches Paar gesegnet hatte. Huonder wird immer radikaler. Dass die Kirchenspitze ihn fallen lässt, ist aber dennoch unwahrscheinlich. Nicht nur, weil die Schweizer Bischöfe vermeiden wollen, dass sich sichtbar Fraktionen bilden, sondern auch weil das eigentliche Machtzentrum weiterhin in Rom ist. Und es ist offensichtlich, dass auch der neue Papst keine Kehrtwende bringen wird, ja bringen mag, auch wenn er neulich meinte, es sei nicht an ihm, über Homosexuelle zu richten. Einen bekennenden Schwulen als Botschafter Frankreichs lehnte der Vatikan im April trotzdem ab. Und Franziskus höchstpersönlich wetterte Anfang August am Kongress der Knights of Philadelphia gegen die «starken kulturellen Kräfte», welche die Institution Ehe unter Beschuss nähmen. Und er leierte die üblichen Verteidigungsparolen für die ausschliesslich heterosexuell ausgerichtete Ehe herunter: Diese entspräche einer natürlichen Ordnung, nur sie könne Nachwuchs gewähren, und Kinder hätten ein Anrecht auf eine Familie mit Vater und Mutter. Die Ritter verabschiedeten entsprechend eine Resolution zur Verteidigung der Ehe, in der sie mehrfach auf Aussagen von Papst Franziskus Bezug nahmen. Der Papst und Huonder mögen sich in der Wortwahl deutlich unterscheiden - wenn es darum geht, die Hochachtung katholischer Dogmen durch den weltlichen Staat einzufordern, sind sie sich inhaltlich jedoch ausgesprochen nah. Huonder muss deshalb keine ernsthaften Konsequenzen fürchten. Wenn Ihnen diese Ausgangslage als Katholik missbehagt, tun Sie vielleicht gut daran, zur römisch-katholischen Kirche auf Distanz zu gehen. Der Austritt ist schnell erledigt (siehe frei-denken.ch/austreten). Und er kann nicht nur für Sie persönlich befreiend wirken, sondern genau diejenige Botschaft sein, die in Chur, St. Gallen und Rom verstanden wird und dort tatsächlich etwas verändert.
—- Die Kernfrage des offenen Briefes «Liebe Katholiken, Huonder tritt nicht aus. Wie steht’s mit Euch?» wird in den Kalenderwochen 35 auf den eBoards der Bahnhöfe Zürich HB, Zürich Stadelhofen, Zug, Luzern, St. Gallen und Fribourg zu lesen sein, eine Woche später dann auf Plakaten in ausgewählten Bündner und Walliser Gemeinden.

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