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Demokratische Hyperinflation
Die EU sei, so heisst es unterdessen auch in vielen EU-Staaten selbst, ein Irrweg, eine Schönwetterkonstruktion, die nun, beim ersten wirklichen Sturm, bereits ernsthaft Schlagseite bekommen habe. Dabei ist momentan Griechenland das Epizentrum der europäischen Befindlichkeit.
von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Montag, 26. April 2010 / 11:47 h

Die explodierende Schuldenlast des Ägäis-Staates hat den Euro schon erheblich in Schräglage gebracht und trotz angeforderter Nothilfen von bis zu 30'000'000'000 Euro droht immer noch der Staatsbankrott.
Fiskale Verantwortungslosigkeit, Korruption, Spekulation, Hilfe von Grossbanken beim Verstecken der Schulden und ein von den Kontrollorganen der EU in den letzten Jahren konsequent von Griechenland weg gerichteter Blick sorgten dafür, dass dieses beim Eintreffen der globalen Finanzkrise in den Abgrund gerissen wurde.
Doch auch andere Euro-Staaten stehen an der Klippe und Island beweist, dass keineswegs eine EU-Mitgliedschaft notwendig ist, um mit Vollgas einen monetären Grand Canyon hinunter zu donnern.
Doch die drohenden Staatspleiten sind nur eine Baustelle in Europa. Der ganze demokratische Apparat scheint in einer Krise zu stecken. Wenn nicht, wie eben in Ungarn, polternde Populisten, die schon am Wahlabend nicht wissen, wie sie ihre Versprechen finanzieren wollen, gewählt werden, bleiben die Stimmbürger wie bei der Präsidentenwahl in Österreich gleich ganz zu Hause. Es steht bereits fest, dass die Nichtwähler die eindeutigen Wahlsieger sein werden und womöglich (es müssen noch die Zahlen für die Briefwähler abgewartet werden) sogar die absolute Mehrheit erringen können.
Dies lag in Österreich nicht zuletzt daran, dass nur zwei von fünf Parlamentsparteien überhaupt Kandidaten aufgestellt hatten und der Wahlkampf mit inhaltslosen Slogans geführt wurde. Der Zynismus und die Apathie gegenüber dem demokratischen Apparat scheint unterdessen sogar auf die Parteien über gegangen zu sein.
Denn die Staaten können offenbar nur noch auf die Vorgaben aus der Wirtschaft reagieren – entweder indem sie Banken retten oder indem sie hilflos zusehen müssen, wie die eben geretteten Institute mit Spekulationen gegen die eigene Währung wetten.
In diesem Sinn ist die durchgeknallte «Tea-Party»-Bewegung in den USA fast schon eine konsequent durchdachte Reaktion auf die Gegenwart. Diese am rechten Ende der demokratischen Skala angesiedelte Bewegung basiert ihr Weltbild vorzugsweise nicht auf Fakten, sondern auf Wunschbildern und Verschwörungstheorien. So fordern sie zum Beispiel einen kleinen Staat, sind gleichzeitig aber gegen Einschnitte im Verteidigungshaushalt und bei den Renten. Sie glauben, dass Obama ein muslimischer Kommunisten-Nazi ist, der die USA einer geheimen Weltregierung übergeben will. Es politisiert sich eben wesentlich leichter und lauter, wenn die Realität nicht berücksichtigt werden muss
Sowohl die westliche Wirtschaft als auch die Demokratie sind in einer Krise. Das entschieden undemokratische China ist momentan DIE aufstrebende Macht dieser Welt. Doch auch China läuft Gefahr zu scheitern, da ein guter Teil seines Erfolgs auf verzerrten Wechselkursen und der Finanzierung von US-Staatsanleiehen beruht, die wiederum für die China-Exporte in die USA bezahlen.
Griechenland ist nur die Spitze eines Eisbergs einer viel grösseren Krise des Vertrauens in unsere Staaten, in unserer Gesetze und darin, dass die Regeln offenbar immer gebeugt und manipuliert werden, selbst wenn einem kleinen, kurzfristigen Gewinn ein viel grösserer, langfristiger Verlust gegenüber steht. Demokratie ist, wie auch jede Währung, eine Vertrauenssache. Bei einer monetären Hyperinflation ist Geld nur noch soviel wert wie das Papier, auf dem es gedruckt ist. Bei einer Hyperinflation der Demokratie droht den Stimmzetteln das gleiche Schicksal. Ironisch, dass ausgerechnet Griechenland, die Wiege der Volksherrschaft, bei beidem eine Vorreiterrolle spielen könnte.

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