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Fukushima – AKW-Museum des Schreckens

Im Nordosten Japans spielt sich seit dem 11. März das grösste Atomdrama seit Tschernobyl ab. Ein Drama, dass – zumindest in den westlichen Demokratien – den Anfang vom Ende der Atomkraft einleiten könnte. Doch es waren nicht nur die Naturgewalten, die zu der Atomkatastrophe geführt haben: Die eingesetzten Reaktortypen galten schon als problematisch, während sie gebaut wurden.

Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Mittwoch, 16. März 2011 / 15:27 h

Die Siedewasser-Reaktoren von General Electric gehen auf eine Grundkonstruktion aus den Fünfziger Jahren zurück, die in den sechziger Jahren weiter entwickelt und Kommerziell angeboten wurden. Die Reaktoren wurden in einem Kommentar von General Electric auf Anfrage von msnbc als «Arbeitspferde der Atomindustrie» bezeichnet und für ihre Zuverlässigkeit gelobt. Doch an dieser gab es schon länger Zweifel. Bereits 1971 und 1972, als das erste Fukushima-AKW ans Netz ging, wurde in der US-Atomenergiebehörde die Sicherheit dieses Reaktortypes heftig hinterfragt. In verschiedenen Papieren wurde vor allem die Druckrückhaltung und damit entstehende Probleme diskutiert und daraus gefolgert, dass eigentlich ein sicherer Betrieb dieses Reaktortyps nicht mehr möglich sei. Doch es wurde auf ein Verbot dieser Reaktoren verzichtet, da schon eine grösserer Anzahl von diesen in Betrieb stand. Die ganze Konstruktion ist extrem kompakt und in einem der Papiere aus den 70ern wird auch explizit die Gefahr von Wasserstoffexplosionen erwähnt, die durch das geringe Volumen dieser Reaktoren wesentlich höher als bei anderen Konstruktionen sei.



Extrem Kompakt, oben rechts das Abklingbecken: GE-Siedewasserreaktor, wie in Fukushima verwendet /

Einige Wasserstoffexplosionen später wissen wir, wie wahr diese Aussage gewesen ist. Jedenfalls wäre dieser Reaktor damals nicht mehr neu genehmigt worden... 1972, wohlgemerkt. Dass einer der Mitarbeiter der Atombehörde damals sogar vom «Ende der Atomenergie» schrieb, zeigt, für wie schwerwiegend die Mängel dieser Konstruktion (auch in Mühleberg steht übrigens ein solcher Reaktor), gehalten wurde. Ein weiteres Detail, das schieres Entsetzen verursacht: Praktisch auf dem Dach des Reaktorgehäuses steht das Abklingbecken für die abgebrannten, immer noch radioaktiven Brennstäbe – wie es sich zeigte, der ideale Ort, um noch zusätzliche Brände auszulösen. Kam noch dazu, dass – scheinbar auch aus Kostengründen – in Fukushima alle Notstromgeneratoren am gleichen Ort untergebracht und vom gleichen Typ waren, so dass diese alle durch das gleiche Ereignis beschädigt werden konnten. Redundanz sieht anders aus. Doch auch die Erdbebensicherheit wurde angezweifelt und – wie aus einem Wikileaks-Dokument hervorgeht – wurde die Japanische Regierung 2008 von der IAEA auf massive Sicherheitslücken hingewiesen, was die Erdbebensicherheit der Reaktoren anging und dem damaligen Erkenntnisstand um Jahrzehnte nach hinkte. Die Folgerungen sind dramatisch: Fukushima war nicht nur ein Unfall, Fukushima ist ein Museum des nuklearen Schreckens, das auf das Drastischste aufzeigt, wie Jahrzehnte des Vertuschens und der Nachlässigkeit zu einer unglaublichen Katastrophe führen können.

Links zum Artikel:

Wikileaks-Dokument zur Erdbebensicherheit Telegraph-Veröffentlichung eines 2008er Dokuments in dem Japan gewarnt wird

Links zu den Behördendokumenten aus den 70ern Im Kasten 'Nuclear-Crisis in Japan' sind die drei Dokumente der Atomsicherheitsbehörde aus 1971 und 1972 verlinkt


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