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Teilzeit-Klimaschutz bis morgens um halb elf?

Der Klimawandel wird (fast) allseits als eines der globalen Hauptrisiken für unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur anerkannt. Ein Klimaschutz global und rund um die Uhr wäre deshalb eigentlich gefordert und notwendig! Nur wieviel Klimaschutz wird zur Zeit effektiv geleistet?

René Estermann / Quelle: ETH-Zukunftsblog / Dienstag, 18. März 2014 / 12:21 h

In der Schweiz beschränken sich die offiziellen Bürozeiten für den Klimaschutz leider auf gerade mal zehn Prozent des eigentlich benötigten Vollservice. Aufgrund der beschränkten Budgetmittel und der bisherigen Prioritätensetzung bedeutet das Bürozeiten von gerade mal 8.00 bis 10.24 Uhr. Ein Grossteil des Klimaschutzes wird nach wie vor unvergütet von Freiwilligen und NGOs geleistet.



René Estermann ist Geschäftsführer der Stiftung myclimate. /



In der Schweiz beschränken sich die offiziellen Bürozeiten für den Klimaschutz leider auf gerade mal zehn Prozent des eigentlich benötigten Vollservice. /

Doch auch mit diesem zusätzlichen Engagement sind die Ressourcen knapp.

Vergleichsweise dazu erscheinen die kürzlich in den Fokus gerückten Bürozeiten der Schweizer Luftwaffe werktags von 8 bis 12 und 13.30 bis 17 Uhr direkt komfortabel. Statt des Teilzeitschutzes würde ein kompletter Luftraumschutz-Service rund um die Uhr gemäss unserem Verteidigungsminister Ueli Maurer (Artikel in der NZZ) zusätzliche 100 Stellen bei der Schweizer Luftwaffe benötigen.

Umweltministerin fordert gleich lange Spiesse

Was hiesse dies für den Klimaschutz, wenn Doris Leuthard als Umweltministerin im Bundesrat mindestens gleiche Prioritätensetzung dafür fordern würde? Der ebenfalls dringliche Klimaschutz-rund-um-die-Uhr-Vollservice, das heisst eine klimaneutrale Schweiz, wäre eigentlich mit verhältnismässig bescheidenem Aufwand möglich:

- Das Autofahren mit fossilem Treibstoff würde weniger als einen Rappen pro Kilometer mehr kosten.
- Das Heizen der Wohnung mit fossilem Öl oder Gas pro Quadratmeter Wohnung und Jahr wäre lediglich ein bis zwei Franken teurer.
- Der Aufpreis für die Ferienreise in entfernte Länder mit Flugzeug, Kreuzfahrtschiff oder Wohnmobil läge im Rahmen eines guten Nachtessens mit der Familie.
- Mehrkosten für einzelne Konsumprodukte sind so gering, dass sie kaum Auswirkungen auf die Preise hätten, zum Beispiel pro Flasche Bier ein Rappen.
- Für eine ordentliche und zeitgemässe Entsorgung flüssiger oder fester Abfälle sind wir uns mittlerweile gewohnt, jährlich pro Einwohner/in rund 100 bis 200 Franken auszugeben, ohne dass uns dies existenziell belastet. Mindestens dasselbe müsste uns ein zeitgemässes Management der gasförmigen Treibhausgasabfälle wert sein!

Unsere Gesellschaft und Wirtschaft wollen die wieder sauberen Flüsse, Seen, Berge und Wälder sowie auch die Sicherheit in der Schweiz nicht missen! Zudem profitieren wir als Entwickler und Exporteur zahlreicher Umwelttechnologien von dieser nachhaltigen Abfall- und Abwasserbewirtschaftung. Das Gleiche winkt auch beim Klimaschutz.

Wir hoffen, dass der Bundesrat an einer seiner nächsten Strategie-Klausuren im Rahmen der Risikoanalyse für unser Land Korrekturen in der Risiko-Bewertung vornehmen und adäquate Entscheide für die Steigerung des Servicelevels auch beim Klimaschutz treffen wird.

Massnahmen für eine klimaneutrale Schweiz

Mit einem Klimaschutzservice rund um die Uhr wären eine Vielzahl globaler Klima-Projekte möglich, welche die Treibhausgas-Emissionen der Schweiz kompensieren könnten. Folgende Engagements für eine klimaneutrale Schweiz würden innert 7 bis 10 Jahren je 40 bis 50 Millionen Tonnen Treibhausgase reduzieren:

- 2014: Bau von 800'000 Kleinbiogasanlagen, mit deren Gas vier bis fünf Millionen Menschen in den ländlichen Regionen Indiens sauber kochen können (Bedarf bestünde für 200 bis 300 Millionen Menschen).
- 2015: Support von Social Businesses, die rund 35 Millionen Solarlampen in ländlichen Regionen Afrikas verkaufen anstelle von Kerosinlampen.
- 2016: Realisierung von Kompostier- und Vergäranlagen in allen Hauptstädten Ostafrikas (Nairobi, Kampala, Addis Abeba, Dar Es Salaam) für rund drei Millionen Tonnen Grünabfall.
- 2017: 3,5 Millionen effiziente Kocher und Solarkocher für rund 20 Millionen Menschen in Südamerika.
- 2018: Neue Technologien für sauberes Wasser für 3,5 Millionen afrikanische Haushalte.
- 2019: Komplett auf erneuerbaren Energien basierte Energieversorgung in allen Nationalparkregionen in Kenia und Peru.
- 2020: 150'000 Hektar neue nachhaltige Agrarforstwirtschaft und geschützte Wälder in Mittelamerika.
- 2021: 70'000 effiziente Busse, die nur noch halb soviel CO2 emittieren wie aktuell «rauchende» Busflotten in asiatischen Metropolen.
- 2022: Trockenreisanbau ähnlich jenem im Tessin für vier Millionen Familien in den Reisanbaugebieten Nepals, Indiens und Burmas.
- 2023: Zehn Millionen Elektrobikes in den indonesischen Inselstaaten, wo derzeit fast 250 Millionen Einwohner die Anzahl Motorbikes alle drei bis vier Jahre verdoppeln.

Die Notwendigkeit ist gegeben, der Preis erträglich, und die Projektchancen sind riesig - also auf geht's mit dem Klimaschutz-Vollservice!

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