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Schweizer Optimismus vor dem Spiel gegen Estland

Vor der zweiten Tranche der EM-Ausscheidung ist im Schweizer Nationalteam vorwiegend Optimismus auszumachen. Die Zusammenarbeit mit Vladimir Petkovic nimmt offenbar gute Formen an.

bg / Quelle: Si / Freitag, 27. März 2015 / 08:24 h

Die Hauptdarsteller des Nationalteams haben eine verhältnismässig ruhige Woche hinter sich. Nur zwei schwer enttäuschte Schweizer Bundesliga-Vertreter beschwerten sich via «Blick» über ihre Nichtberücksichtigung. Im SFV-Mikrokosmos veränderte sich trotz der verbalen Giftpfeile von Tranquillo Barnetta, 314 Einsatzminuten in den letzten 17 Spielen mit der Landesauswahl, und dem Rücktritt von Pirmin Schwegler, viermal eingesetzt in vier Jahren, wenig bis nichts: Ambiance gut, Zuversicht erheblich. Für einmal drehte sich die Debatte nicht um Schweizer Hoffnungsträger, die sich im Kluballtag schwertun. Nahezu 100 Prozent der 23 Nominierten sind beim Arbeitgeber gesetzt. Einige aus dem Kern erweiterten ihren Fundus in der Champions League oder sind wie Juve-Verteidiger Stephan Lichtsteiner noch immer im wichtigsten Klubwettbewerb engagiert.

Gelassenheit nach Fehlstart

Dem missratenen Auftakt gegen England (0:2) und Slowenien (0:1) messen die massgeblichen Beteiligten nicht mehr allzu viel Gewicht bei. Keiner habe deswegen im September die Nerven verloren, behauptet Gökhan Inler im März. «Spiele wie jenes in Slowenien, das wir trotz deutlicher Dominanz verloren haben, gehören zum Lernprozess.» Der Captain interpretiert die gelassene Reaktion als «gutes Zeichen». Nicht nur bei Inler überwiegt die zeitliche Nähe zum überzeugenden Test gegen Polen (2:2). Die beiden 4:0-Siege im vergangenen Oktober (San Marino und Litauen) werten die SFV-Protagonisten generell als nachhaltige Kurskorrektur. Der Selektionär fasst den allgemeinen (Meinungs-)Umschwung so zusammen: «Alles hat sich beruhigt und nimmt Formen an.»

Passender Stil?

Die Frage nach der tatsächlichen Substanz in der Equipe war im bisherigen Verlauf der EM-Kampagne nur bruchstückhaft zu klären. Der Auftakt Petkovics ohne jegliche Anlaufzeit war problematisch, die Fortsetzung hingegen liess vor allem im Heimspiel gegen Litauen den Schluss zu, aus dem spannenden Projekt unter der Leitung des neuen Tessiner Chefstrategen könnte mittelfristig eine taktische Horizonterweiterung resultieren. Das teilweise flexible 4-3-3-System, je nach Sichtweise auch ein 4-3-1-2, eröffnet den Schweizern unter Umständen mehr Raum zur offensiven Entfaltung. Die keinesfalls starre Ausrichtung entspricht der couragierten Philosophie eines optimistischen Trainers, der während seiner Laufbahn immer wieder mit innovativen Lösungen aufgefallen und selbst nach schweren Niederlagen nicht von seiner spektakulären Linie abgewichen ist. Ob die Schweizer künftig in der Lage sein werden, ihr riskantes Vorhaben auch gegen Kontrahenten der gehobenen Klasse umzusetzen, bleibt offen. Auf dem Weg an die EM-Endrunde 2016 dürfte die Vorwärts-Strategie ein probates Mittel sein. Intern kommt der Spielstil mehrheitlich gut an. Nur eine Minderheit hegt leise Bedenken.



Vladimir Petkovic und seine Jungs sind optimistisch. /

Xherdan Shaqiri, der nach seinem Transfer von Bayern zu Inter seinerseits in diverser Hinsicht einen mittleren Kulturwandel hinter sich hat, hält die leicht modifizierte Strategie für angemessen. «Die Spielweise passt zum Team. Die Zuversicht auf dem Platz gefällt mir.» Sie seien in der gegnerischen Zone variabler.

Wichtige Faktoren

Trotz einiger Retouchen auf dem Rasen ist der Begriff «Neuanfang» (Zitat Petkovic) in der ersten Phase der Zeit nach Ottmar Hitzfeld zu relativieren. Die erwartete Startformation wird heute Freitag nur auf einer Feldposition (Seferovic für Mehmedi) von jener im WM-Achtelfinal gegen Argentinien abweichen. Und doch liegen womöglich ein paar substanzielle Veränderungen vor. Die Mannschaft hat an Erfahrung zugelegt, der Kreis potenzieller Leader könnte sich vergrössert haben. Spieler wie Sommer, Xhaka (beide Mönchengladbach), Rodriguez (Wolfsburg), Seferovic (Frankfurt) und Drmic (Leverkusen) haben ihren persönlichen Status in den vergangenen Wochen in der Liga des Weltmeisters angehoben. Kurzum: Die meisten Stammspieler der Schweiz sind derzeit auf hohem Klubniveau wichtige Faktoren und geben den Ton vereinzelt auch in der Kabine von Klubs der erweiterten europäischen Spitze an - vermutlich mehr als eine schöne Momentaufnahme.

Erfahrung und Organisation

Estland kam in der Schweizer Themenlandschaft nur am Rande vor. Die Balten zählen auf der europäischen Bühne zur dritten oder eher vierten Klasse. 2012 sorgten sie zum letzten und praktisch einzigen Mal für Schlagzeilen. Der Aussenseiter hatte vor Serbien und Slowenien das EM-Playoff erreicht, scheiterte in der Folge aber an den Iren. Petkovic schätzt die fünftplatzierten Esten «zwischen Slowenien und Litauen ein. Sie verteidigen in erster Linie gut». Dem Nationalcoach fiel weiter die überdurchschnittliche Organisation auf. Nur zwei Gegentore in vier Spielen sind das Verdienst der stilsicheren Abwehr um den Augsburger Abwehrchef Ragnar Klavan. Bemerkenswert ist der Erfahrungsschatz einiger Osteuropäer. Fünf haben 88 und mehr Länderspiele bestritten.

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