Nationalrat sagt Ja zu Staatstrojanern

Dem Entscheid ging eine lebhafte Debatte voraus. Diese drehte sich um die Frage, ob und wie stark der Schutz der Privatsph�re zum Zweck der Verbrechensbek�mpfung eingeschr�nkt werden darf.

Am Ende stimmte der Rat der �nderung des Bundesgesetzes betreffend die �berwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (B�PF) mit 110 zu 65 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu. Dagegen stellten sich die Gr�nen sowie die Mehrheit der SP und eine Minderheit der SVP.

Skype-Gespr�che mith�ren

Der Bundesrat will mit der Gesetzesrevision die M�glichkeiten zur �berwachung der technologischen Entwicklung anpassen. Das Abh�ren von Telefongespr�chen im Rahmen von Strafverfahren ist schon heute m�glich. Kriminelle k�nnen sich aber einer �berwachung entziehen, wenn sie �ber das Internet telefonieren.

Neu sollen die Strafverfolgungsbeh�rden deshalb bei Verdacht auf schwere Straftaten Trojaner in Computer einschleusen d�rfen, um beispielsweise Skype-Gespr�che mitzuh�ren. Im Gesetz ist die Rede von «besonderen technischen Ger�ten» - gemeint sind IMSI-Catcher f�r die Abh�rung und Ortung von Handys - und «besonderen Informatikprogrammen», auch GovWare genannt.

Staatstrojaner zentral einkaufen

Der Nationalrat zeigte sich damit einverstanden. Er lehnte es ab, Staatstrojaner zu verbieten oder deren Einsatz st�rker einzuschr�nken. Auch will er nicht vorschreiben, dass die Programme in der Schweiz entwickelt werden m�ssen oder nur in L�ndern gekauft werden d�rfen, die auf grossangelegte �berwachung verzichten.

Hingegen will der Nationalrat im Gesetz verankern, dass die Programme von einer zentralen Bundesstelle beschafft werden m�ssen. Zudem sollen nur Programme eingesetzt werden d�rfen, welche die �berwachung l�ckenlos und unver�nderbar protokollieren.

Randdaten ein Jahr speichern

Neben den Staatstrojanern war im Nationalrat vor allem die Vorratsdatenspeicherung umstritten. Dabei geht es um die Frage, wie lange die Fernmeldeanbieter die Randdaten speichern m�ssen. Diese geben Auskunft dar�ber, wer wann mit wem wie lange telefoniert hat. Heute werden die Randdaten sechs Monate lang aufbewahrt, k�nftig sollen die Strafverfolgungsbeh�rden auch nach einem Jahr noch darauf zugreifen k�nnen.

Der Nationalrat stimmte dem zu. Er lehnte Antr�ge ab, keine Aufbewahrungsdauer vorzuschreiben, die Dauer bei sechs Monaten zu belassen oder auf drei Monate zu verk�rzen. Die Fernmeldedienstanbieter sollen indes verpflichtet werden, die Randdaten in der Schweiz aufzubewahren.

Neben den Staatstrojanern war vor allem die Vorratsdatenspeicherung umstritten. (Symbolbild) /

Versch�rft hat der Nationalrat ausserdem die Sicherheitsbestimmungen.

Schlimmer als zu Fichen-Zeiten

Die Gegner aus den Reihen der Gr�nen, der SP und der SVP h�tten das Gesetz an den Bundesrat zur�ckweisen wollen. Die Vorratsdatenspeicherung sei ein Unding, sagte Daniel Vischer (Gr�ne/ZH). Die Daten aller B�rgerinnen und B�rger w�rden ohne Anlass gespeichert. Problematisch seien auch die Staatstrojaner: «Der Staat ist pl�tzlich auf Ihrem Computer anwesend.»

Balthasar Gl�ttli (Gr�ne/ZH) kritisierte die «�berwachungsmanie». Aus Sicht von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) «�bersteigt die Dimension der geplanten Datensammlung die seinerzeitige Fichen-Aff�re bei weitem». Lukas Reimann (SVP/SG) w�hlte noch deutlichere Worte: «Heute entscheiden wir, ob die Schweiz zu einem Polizei- und �berwachungsstaat verkommt.»

Mittelalterliche Methoden f�r die Ermittler

Die Bef�rworterinnen und Bef�rworter r�umten ein, das Gesetz tangiere heikle Fragen. Es d�rfe aber nicht sein, dass die Kriminellen die neuen technologischen M�glichkeiten nutzen k�nnten, w�hrend den Strafermittlern nur mittelalterliche Methoden zur Verf�gung st�nden, sagte Gabi Huber (FDP/UR).

Als Beispiele f�r die Notwendigkeit von �berwachungen nannten die Bef�rworter Drogenhandel, Menschenhandel, Mafia, Terrorfinanzierung, P�dokriminalit�t oder Kindesentf�hrung. Es gehe nicht um pr�ventives Schn�ffeln, sondern um schwere Straftaten, betonten sie. F�r die �berwachung brauche es eine richterliche Anordnung.

Haltung der SVP-Gegner kritisiert

Auf der Seite der Linken sprach sich Daniel Jositsch (SP/ZH) f�r das B�PF aus. Den Gegnern aus den Reihen der SVP warf er eine inkonsequente Haltung vor. Man k�nne das Nachrichtendienstgesetz und das B�PF ablehnen oder beiden zustimmen. «Was Sie definitiv nicht machen k�nnen: Das Nachrichtendienstgesetz annehmen und das B�PF ablehnen.»

Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga betonte, es gehe beim B�PF um Ermittlungsmethoden, die nur in Strafverfahren angewendet werden d�rften. «Verdachtsunabh�ngige �berwachung ist kein Thema des B�PF, sondern des Nachrichtendienstgesetzes», sagte sie.

Auch Opfer haben Rechte

Den Rat rief die Justizministerin dazu auf, nicht nur die Grundrechte der T�ter zu thematisieren, sondern auch jene der Opfer. Ob sie das n�chste Mal, wenn ein Kind entf�hrt werde, sagen wollten, leider habe das Parlament entschieden, dass die Ermittler nicht auf die Randdaten zugreifen d�rften, fragte Sommaruga die Gegner.

Das Gesetz geht nun zur Differenzbereinigung zur�ck an den St�nderat. Das letzte Wort k�nnte das Volk haben, die Gegner fassen ein Referendum ins Auge.

Nationalrat sagt Ja zu Staatstrojanern

Bern - Die Strafverfolgungsbeh�rden sollen zur �berwachung Verd�chtiger Trojaner in Computer einschleusen d�rfen. Und sie sollen l�nger auf Telefonranddaten zugreifen k�nnen. Der Nationalrat hat am Mittwoch als Zweitrat dazu Ja gesagt.