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Gamecheck: Gran Turismo (Sony PSP)

Sony hat endlich das schon lange angekündigte Gran Turismo für ihr portables Entertainment System auf den Markt gebracht. Ob dieser grosse Titel auch auf der kleinen Konsole überzeugen kann, verrät der Gamecheck von Alex Sutter.

Alex Sutter / Quelle: news.ch / Montag, 2. November 2009 / 15:25 h

Gran Turismo - Was für ein Spiel! Mit Stolz kann ich sagen, dass ich alle bisher erschienenen Hauptvertreter - also alle fertig entwickelten Teile mit den kompletten Strecken- und Fuhrparks - immer noch besitze. Eingeordnet im «Favoritentablar» meines Gameregals landen sie auch jetzt noch des öftern im Laufwerk meiner alten PS2. Inzwischen habe ich meine Hardware-Ausstattung erweitert und mir kurz vor den Herbstferien eine PSP zugelegt, um auch im Urlaub nicht ganz aufs Daddeln verzichten zu müssen. Dass grad jetzt ein neues GT für meine tragbare Sony-Konsole erscheint, lässt das Wasser in meinem Mund ebenso zusammenlaufen, wie wenn ich kurz vor dem Verzehr eines mit Ketchup und Knoblauch-BBQ-Sauce versetzten Triple Burgers mit Käse, Tomaten, knackigen Salatblättern und Zwiebeln stehe. Entsprechend gespannt schnappe ich mir die UMD und lege sie ins kleine Laufwerk ein. Wauzi! Das brilliante und technisch perfekte Intro-Video verheisst dem Betrachter, dass ihm erneut ein heisser Feger der GT-Serie bevorsteht. Verschiedene kurze Sequenzen aus der Welt des Motorsports und den im Spiel angebotenen Rennkategorien werden fulminant in Szene gesetzt. Dazu gesellt sich voluminöser Sound, der aber nur mit Zuhilfenahme von separaten Kopfhörern zur Geltung kommt. Werden dazu die integrierten PSP-Lautsprecher verwendet, dann tönts eher so, wie wenn ein Orchester mit Küchengerät und Plastikgeschirr spielen würde. Aber im Ernst: Die Einleitung zum Spiel ist ein wahrer Muntermacher. Noch nie ist mir ein derartig hochwertiger Spielevorspann für ein mobiles System untergekommen! Neugierig, wie die Oma auf den Inhalt der Pralinenschachtel, warte ich bis das Hauptmenü von Gran Turismo erscheint.

Aufstieg zum Automarken-Tycoon…

Als GT-Veteran fühle ich mich beim Durchstöbern der verschiedenen Menüoptionen sehr schnell heimisch. So treffe ich z.B. die bekannten Fahrherausforderungen an oder auf die Auswahl der Boliden von zahlreichen Marken, die ich mir im Verlauf des Spielens erwirtschaften kann. Der interessanteste Menüpunkt ist natürlich jener der Racing-Events. Drei Sorten von Wettbewerben stehen mir als Spieler zur Auswahl: Rennen gegen Konkurrenten, gegen die Zeit und Drift-Wettbewerbe. Letztere bestehen darin, möglichst lange Drifts hinzulegen, welche darauf mit Punkten bewertet werden. Je nach Platzierung schalten sich dem Spieler schwierigere K.I.-Gegner frei. Die Jagd nach immer besseren Rundenzeiten wird natürlich in den Zeitrennen ausgetragen. Die Einblendung eines Ghost-Cars soll mich zusätzlich motivieren, Rekordzeiten herauszufahren. Der Kern von Gran Turismo ist und bleibt aber der Fight gegen die Konkurrenz um den 1. Platz. Mit der Absolvierung der vielen Rennderbies scheffle ich mir zusätzlich Geld, das ich wiederum in den Autohäusern für leistungsstärkere oder noblere Karossen verprassen kann.

…und doch keine Karriere

Nebst der grafischen und technischen Brillianz des Racers fällt mir sofort auf, dass ich gleich zu Beginn Zugang zu allen Rennaustragungen habe. Streckensperrungen werden nur angezeigt, wenn das aktuell verwendete Fahrzeug für eine bestimmte Veranstaltung nicht geeignet ist. - Wie? Ich muss mir die Lizenz für den Zugang zu bestimmten Wettbewerben nicht erst durch die Absolvierung von speziellen Prüfungen erwerben? Und es ist nicht mehr notwendig, das sauer verdiente Geld erst in teure Tuning-Goodies für seinen Flitzer zu investieren, um die Siegeschancen zu erhöhen oder um Zugang zu speziellen Racing-Events zu erhalten? Offensichtlich nicht, denn ein richtiger Karriere-Modus fehlt. Es reicht, an einem Rennduell teilzunehmen, es zu beenden, und selbst der letzte Platz bringt noch ein paar Kröten. Damit brauche ich also bloss Rennen zu fahren und den erkämpften Geldgewinn in weitere Fahrzeuge zu investieren. Aber auch eine aufwändige und lang ersparte Anschaffung von kraftstrotzenden Luxuskarossen lohnt sich nicht wirklich, wenn man mit dem Gedanken spielt, sich auf diese Weise Vorteile bezüglich den Gewinnchancen in den ersten Wettbewerbskategorien verschaffen zu können. Die Gegner-K.I. wartet stets mit ebenbürtigen Vehikeln auf und passt sich in leistungstechnischen Belangen dem Boliden des Spielers an. So ist gewährleistet, dass die Rennen spannend bleiben, aber der Sinn des Kaufes von besseren Fahrzeugen bleibt auf der Strecke. Ebenso die Fahrerherausforderungen: Sie sind zwar traditionsgemäss ins Spiel integriert, aber im Unterschied zu den vorangegangenen Teilen, muss ich sie nicht unbedingt absolviert haben, um an den Rennen teilnehmen zu können. Wem also perfektes Timing und präzise Techniken beim Kurvenfahren, Beschleunigen oder in der Beherrschung seines Wagens zuwiderlaufen, der darf getrost darauf verzichten.



Geschwindigkeitsrausch für unterwegs: Gran Turismo. /



Gran Turismo (PSP): 45 Rundstrecken stehen zur Auswahl. /



Gran Turismo (PSP) /

Einbussen bei der Vielfalt von Rennaustragungen muss man deshalb nicht befürchten.

Ein simpleres „klotzen statt kleckern“-Prinzip

Gran Turismo für die PSP ist generell unkomplizierter und zugänglicher gestaltet als die vergangenen Pendants der grossen Sony-Konsolen. So wird beim Fahren eine blaue Ideallinie eingeblendet, die mich durch den Wechsel in eine Rotfärbung darüber informiert, wann der optimale Punkt vor einer Serpentine fürs Abbremsmanöver erreicht ist, damit ich die Kurve noch kriege. Zusätzlich zeigt mir eine nervös rotblinkende Zahl - den anzustrebenden Level in der Gangschaltung - auf dem Display an, welches Gangniveau zur Bewältigung der Biegung erforderlich ist. Simulations-Fetischisten können diese Unterstützung auch ausschalten. Ich persönlich mag diese Hilfe, weil ich auf einem portablen System den vereinfachten und schnellen Erfolg in der Bewältigung der teils recht anspruchsvollen Kurse bevorzuge. Auch das allgemeine Handling der Autos gestaltet sich unproblematischer als gewohnt, was wohl damit zusammenhängt, dass auf echtes Tuning beim PSP-Ableger des Spiels verzichtet und dadurch viel Potential individueller Fahreigenschaften der Wagen vergeben wurde. Trotzdem, man kann keineswegs behaupten, dass alle Fahrzeuge demselben Fahrverhalten unterliegen. Ausserdem sind im Spiel derart krankhaft-viele Autos vorzufinden, dass allein die Fuhrparkvielfalt diesbezüglich für genug Abwechslung sorgen dürfte. Ja, Entwickler Polyphony Digital hat sich wieder mächtig ins Zeug gelegt und dem Game rund 800 (!) Karossen unterschiedlichster Preis- und Leistungsklassen spendiert. Dazu gesellt sich die stattliche Anzahl von 45 Kursen, welche einfach von den bisher erschienenen GT-Fassungen übernommen und für die PSP etwas recycelt wurden. Obwohl die Prozedur vom Auto-Einkauf recht einfach gestaltet ist - Rennen gewinnen, Geldpreis an sich reissen und kassierten Zaster in neue Kutschen verbuttern - erweist sie sich als recht «tricky»: Pro Tag haben gleichzeitig nur 4 Markenhändler ihre Tore geöffnet, um dem Spieler ihre Angebote zu unterbreiten. Unverständlich, in Zeiten wo doch der gesellschaftliche Wandel nach immer längeren Ladenöffnungszeiten lechzt! Wer also seine Strategie auf den Einkauf bestimmter Fahrzeugmodelle ausgelegt hat, muss unter Umständen sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Mir gings jedenfalls zu lange, bis mir das vorliegende Auswahlprinzip endlich die Anschaffung meiner geliebten Dodge Viper ermöglichte. Klar - ich fahre zwischenzeitlich einfach Rennen. Viele Tage ziehen ins Land, und ich häufe mir auf diese Weise eine kleine Geldreserve an. Dies kann sich später als Vorteil für mich erweisen, wenn mir das Spiel ein kostspieliges Angebot eines exotischen Vehikels unter die Nase reibt.

Im Rausch der Geschwindigkeit

Seit jeher bin ich, was Racing-Games angeht, ein Technik-Freak. Rennduelle bereiten mir nur dann wirklich Spass, wenn auch der technische Aspekt stimmt. Und in diesem Punkt kann ich Euch guten Gewissens versichern: Polyphony Digital ist seinem Ruf, bombastische Stimmung und perfektes Rennfeeling rüberzubringen, einmal mehr absolut gerecht geworden. Betrachten wir das Wichtigste - das Geschwindigkeitsgefühl: Auf meinem Lieblingskurs z.B., dem Circuit de la Sarthe, welche lange Hochgeschwindigkeitsabschnitte, aber auch sehr heikle und kritische Bereiche bereit hält, muss der Spieler den Tempounterschied eindeutig wahrnehmen können. Bei GT ist es so: Wenn der Tacho meiner Viper 300 km/h anzeigt, dann versetzen mich die Geräusche von Motor, Luftstrom, die flüssig vorbeiflitzende Objekte, wie Mittellinie, Bäume oder Tafeln, wahrlich in einen Geschwindigkeitsrausch. Aber auch ein abruptes Bremsmanöver und die plötzliche Einbusse an Geschwindigkeit, verbunden mit der Schwerpunktverlagerung meines Wagens, wird überzeugend vermittelt. Es gibt nur wenige Rennspielentwickler, welche dies - selbst für grosse Konsolen - so gut hinkriegen, wie Polyphony Digital für die PSP. Was die aus der Technik eines mobilen Systems herauskitzeln ist wirklich erstaunlich: Die Optik ist erste Sahne und gleitet ohne nervige Pop-Ups oder störende Nebeleffekte mit flüssigen 60 Frames über das Display. Die Einbusse für derartig hohen technischen Komfort während eines laufenden Rennens ist einzig, dass ich mich als Spieler bloss gegen drei Konkurrenten durchzusetzen habe. Diese verhalten sich ausserdem etwas stur und fahren mehr oder weniger der Ideallinie entlang. Auf Dellen, platzende Reifen, brennende Motoren oder herumfliegende Blechteile bei Kollisionen, muss ich angesichts des exzellenten Fahrgefühls und des grafischen Augenschmauses verzichten, was jedoch auch bei allen GT-Vorgängern nicht anders war. Die Rennduelle bleiben trotz reduzierter Gegnerzahl spannend bis zum Schluss und fordern mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad dem Spieler einiges ab. Multiplayer-Duelle sind leider bloss lokal im Adhoc-Modus möglich, jedoch nicht per Internet. Ausserdem erlaubt das Spiel den Austausch von Fahrzeugen untereinander.

Fazit

Diese Ausgabe von Gran Turismo macht mir trotz eingeschränkten Karriere-Aufbaumöglichkeiten sehr viel Spass. Entwickler Polyphony Digital hat sich für die Portabel-Version des Racers Gedanken gemacht, die durchaus Sinn machen: Der Einstieg zu Mobile-Games soll sich kurz halten, sich einfach und übersichtlich gestalten. Ein komplexer Zugang, mit tiefergreifendem Spielverlauf, wie er eben beim GT der grossen Konsole begehrt ist, wäre für den Handheldmarkt nicht zweckmässig. So freue ich mich über ein zugängliches und wahrlich umfangreiches Racing-Game, welches sich ausserdem auf technisch höchstem Niveau präsentiert. Endlich kann ich Gran Turismo auch ausser Haus zocken! Wer oft unterwegs ist und deswegen nicht auf spannende Racing-Duelle verzichten möchte, macht mit dem Kauf dieses Titels bestimmt nichts falsch.

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