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Kolumne


Der böse Gewinner des Jahrzehnts

von Patrik Etschmayer / Montag, 14. Dezember 2009

. Ist ja gut! Das Jahrzehnt ist Ende des Jahres offiziell noch nicht vorüber. Das wird erst 2011 der Fall sein. Aber die Nuller-Jahre sind vorbei, die Zehner stehen hinter der nächsten Ecke und wenn sich nach diesem Jahr irgendwer nicht nach einem Neu-Anfang sehnt, hat diese Person in den letzten Monaten einiges verpasst.

Womit man auch schon beim Hauptthema wäre: Der Wirtschaft und ihren Krisen. Und einer der grössten Ironien dieses Jahrzehnts. Schon an dessen Anfang platzte ja die Dotcom-Blase, als es sich herausstellte, dass nicht einmal Internet-Unternehmen Geld selbst drucken dürfen. Manch einer, der im Februar 2000 Millionär geworden war, musste im April desselben Jahres erstaunt feststellen, dass von der ganzen Pracht nicht mehr viel übrig geblieben war. Viele High-Tech Firmen verloren einen Grossteil ihres Wertes, nicht wenige gingen ganz Pleite.

Die Folgen sind bekannt und wirken bis heute nach: Die amerikanische Zentralbank senkte die Zinsen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Und gerade, als es 2001 wieder aufwärts ging, fielen die Türme.

Vermutlich werden diese Bilder das Symbol des Jahrzehnts bleiben, der Kollaps der WTC-Türme vor einem wolkenlos-blauen Septemberhimmel. Der Al-Qaida-Anschlag auf das finanzielle Herz der USA erschüttert die Welt bis heute und die Folgen werden noch Jahrzehnte lang zu spüren sein.

Die US-Regierung befürchtete, dass dieser Schock die sich langsam erholende Wirtschaft wieder zu Boden reissen würde und pumpte Geld in den Markt, das verwendet wurde, um den nächsten Ballon aufzupumpen: Die nun allseits bekannte Immobilien- und Kreditblase.

Natürlich ist es sehr spekulativ, zu behaupten, dass, wenn der Doppel-Anschlag auf das World Trade Center missglückt wäre, die Finanzpolitik der USA in der Folge ganz anders ausgesehen hätte, doch die Möglichkeit ist nicht abwegig. Ganz zu schweigen davon, dass die USA nicht in zwei kostspielige Kriege verwickelt wäre, aus denen es keinen vernünftigen Ausweg zu geben scheint.

Al Qaida ist in der damaligen Form zerschlagen, die meisten derjenigen, die für die 9/11-Anschläge verantwortlich waren, sind entweder gefangen, getötet oder auf der Flucht. Und doch sind diese Leute die (un-)heimlichen Triumphatoren des letzten Jahrzehnts, die es tatsächlich fertig brachten, die Weltmacht USA und das gesamte kapitalistische System stark zu schwächen. Dies allerdings nicht durch die eigentlichen Taten. Die Schäden waren zwar riesig, aber niemals von einer Schwere, welche die USA nachhaltig hätte schädigen können.

Es waren die Reaktionen der Bush-Administration, welche Al Qaida einen Triumph bescherten, der auch noch in Jahren nachklingen wird, selbst wenn kaum jemand noch einen direkten Zusammenhang sieht. Das US-Budget-Defizit ist, darin sind sich viele Analysten einig, eine Bedrohung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Viele Entscheidungen, die zu diesem Loch in der Staatskasse geführt haben, wurden direkt oder indirekt in der Folge der WTC-Anschläge getroffen.

Das in den Jahren nach 2001 stattfindende «Wirtschaftwunder» war, wie wir heute wissen, auf Pump, Lug und Trug aufgebaut, deren gesetzliche Voraussetzungen schon Ende der 90er Jahre geschaffen worden. Aber erst die von Alan Greenspan nach den Anschlägen implementierte und erst viel zu spät zurückgenommene Politik des billigen Geldes, versorgte die Blase mit der notwendigen Luft.

Es ist gewagt, aber keine absurde Behauptung, dass einer der Sieger der Nuller-Jahre irgendwo im Norden Pakistans in einer Höhle sitzt: Osama Bin Laden, der fast vergessene Terrorfürst, der Böse Sieger, der diesem Jahrzehnt einen hässlichen Stempel aufgedrückt hat.


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