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Kolumne


Wie das Frauenstimmrecht gegen Cellulite kämpft

von Regula Stämpfli / Mittwoch, 26. Januar 2011

Das Ende der Geschichte (Fukuyama) produziert laufend neue historische Verunstaltungen in Jubiläumsform. Die schweizerische Frauenzeitschrift Annabelle, welcher die Emanzipation ebenso wichtig ist wie der Kampf gegen Cellulite, feiert «40 Jahre Frauenstimmrecht».

Dies tut sie (neben Werbung gegen Falten einer 40jährigen) stil- und artgerecht in schwarz-weiss, mit Bundesrätinnenfotos, die von einer Starfotografin, der Freundin der Chefredkatorin (beeindruckend!) geschossen wurden. Die Mamis der aktuellen Annabelle-Redaktorinnen haben je eine Spalte, in welcher sie über ihr «erstes Mal» berichten dürfen: «Wie war es denn, damals, ja, als das Frauenstimmrecht eingeführt wurde?» Es fehlt nur noch die Vertonung à la «Sex and the City»: (hohe Piepsstimme auf Stöckelschuhen): «Mädels, wie süss, stellt Euch vor, vor 40, ja vor 40 Jahren durften in der Schweiz die Frauen zum ersten Mal. Hihi, süüüüüsss, super! Ob sie wohl auch ein Rosa Bändchen um ihr erstes Abstimmungsformular kriegten? Kicher, let’s celebrate, Mädels, am besten in einer Beauty Farm, wir müssen Wellnessen, das muss doch gefeiert werden. Hihi, vielleicht ist ja auch der gut bepackte Carlos da, kicher, den stellen wir dann an, um 40 Jahre Emanzipation zu feiern, kicher, Ihr wisst, was ich meine...hihi.»

Gestern stand im Facebook die resigniert klingende Frage: «Und, ist die Politik nach vierzig Jahren Frauenstimmrecht besser geworden?»

Die Antwort ist Nein. Die Frage ist aber auch falsch. Es spielt keine Rolle, ob Frauen eine bessere Politik machen oder nicht. Das allgemeine Wahlrecht ist eine Frage der Gerechtigkeit und keine der Gefälligkeit.

Trotzdem zeigt die Annabelle-Geschichte, wie gross die Enttäuschung über 40 Jahre Frauenstimmrecht sein muss. 1971 meinten die wunderbaren Kämpferinnen für die Menschwerdung der Frau, endlich die Welt nicht nur mitzugestalten, sondern auch verändern zu können.

Tatsächlich. Die Welt hat sich verändert – aber ganz anders als dies die damaligen Frauenstimmrechtlerinnen dachten. Die Mehrheit der Männer erteilte den Frauen das Wahlrecht selbstverständlich erst dann als die Frauen schon längst vergessen hatten, wie es wohl sein könnte, Subjekt zu sein. «Der Mann sieht, die Frau wird gesehen» beschrieb dies die Philosophin Simone de Beauvoir.

Nein. Die Politik ist in den letzten vierzig Jahren nicht besser geworden. In den letzten vierzig Jahren wurde die Demokratie so entpolitisiert, dass peinliche Jubiläumsgeschichten wichtige historische Freiheitskämpfe totschlagen. 40 Jahre Frauenstimmrecht ist wie koffeinfreier Kaffee, fleischloses Fleisch oder zuckerfreie Vermicelles... schlechter Geschmack und reine Simulation. Wäre dem nicht so, würde der Militärminister Ueli Maurer während der Waffenverbotsinitiative die Schweizer Frauen nicht als «komisch» betiteln wollen.

Nein. Die Politik ist in den letzten vierzig Jahren nicht besser geworden. Die Chefetagen der Medienhäuser, Grossbanken, Universitäten, IT-Firmen, etc. bleiben momentan genauso frauenfreie Zonen, wie die Wartezimmer von Urologen. Falls sich das in Kürze ändern wird, wissen wir, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, dass die Frauen mittlerweile die besseren Männer sind, siehe Sarah Palin in den USA.

Wie hiess es einmal? «Die Zukunft ist weiblich». Frauen feierten damals sich, ihren Power und ihre Hoffnungen. Sie wussten wenig, dass «Die Zukunft ist weiblich» nicht von Simone de Beauvoir, sondern von einer Werbeagentur für Schönheitskliniken und Diäten gestaltet werden würde...alles perfekt schwarz-weiss fotografiert von ...Annabelle.




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